Werner Abel, »Pasaremos«, Komplett nachgedruckt – die Zeitschrift der XI. Internationalen Brigade im Spanischen Bürgerkrieg.

Nachstehend veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Autors Werner Abel einen Beitrag aus „Sozialismus.de“ Heft Nr. 2 | Februar 2018 | 45. Jahrgang | Heft Nr. 426:

Werner Abel
»Pasaremos«
Komplett nachgedruckt – die Zeitschrift der XI. Internationalen Brigade im Spanischen Bürgerkrieg

Am 27. September 1937 schrieb Willi Schwarzkopf, deutscher Spanienkämpfer und Redakteur der „Pasaremos“, der Zeitschrift der XI. Internationalen Brigade, einen Brief an „Herrn Heinrich Mann, Prag“ mit folgendem Inhalt:

„Werter Genosse, am 11. Oktober, dem Tag, an dem die ersten internationalen Freiwilligen nach Spanien kamen, feiern die Internationalen Brigaden den Jahrestag ihres Bestehens. Aus diesem Anlass gibt die XI. Brigade, die erste Internationale Brigade, eine Sondernummer ihrer Zeitschrift <Pasaremos> heraus. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir in dieser Nummer ein kurzes Begrüßungstelegramm von Ihnen, lieber Genosse, veröffentlichen könnten.

Sie werden die Wichtigkeit eines solchen Telegramms für die Kameraden der Internationalen Brigaden, wie auch für unsere Freunde in der Heimat verstehen. Wir hoffen, dass wir uns nicht vergebens an Sie wenden und erwarten Ihr Telegramm in  den ersten Oktobertagen.

Mit kameradschaftlichen Grüßen und Salud!“

Ein Brief gleichen Inhalts ging an den österreichischen Sozialisten, ehemaligen Schutzbund-Führer und nunmehrigen Chef der Küstenverteidigung der Spanischen Republik General Julius Deutsch. Der aber befand sich zu dieser Zeit auf Genesungsurlaub in Brno, ČSR, und erhielt den Brief erst zu der Zeit, als die Sondernummer schon erschienen war. Auch Franz Dahlem, nach dem Tod von Hans Beimler, Verantwortlicher der KPD in Spanien, kam aus ungenannten Gründen der Bitte nicht nach, an Stelle des sich in Moskau bei der Komintern befindlichen und daher schwer zu erreichenden Wilhelm Pieck Grußworte zu schreiben. Vermutlich war auch Heinrich Mann nicht erreicht worden, denn in der Ausgabe der „Pasaremos“ vom 15. Oktober 1937, die dem ersten Jahr der XI. Brigade gewidmet war, ist kein Telegramm von ihm enthalten. In dieser Nummer aber wurde unter der Überschrift „Ihr gabt das Höchste für die Freiheit – Euer Leben“ den gefallenen internationalen und spanischen Angehörigen der Brigade gedacht.

Als „Número especial“, als Sondernummer erschien aber dann am 7. November 1937 ein Heft der „Pasaremos“, das ausschließlich dem 20. Jahrestag der Oktoberrevolution gewidmet war. Hier hatte die Redaktion offensichtlich eher reagiert, denn als prominentester Autor schrieb Lion Feuchtwanger über die „Glückliche Sowjetjugend“.

Aus heutiger Sicht muss angesichts der äußerst knappen Ressourcen der Spanischen Republik mit Bewunderung registriert werden, über welche erstaunliche Vielfalt die Presse der Internationalen Brigaden ebenso wie die der gesamten Spanischen Volksarmee verfügte. Der Spanische Krieg war der erste Krieg der Medien und der Bilder, in dem der Presse eine besondere Rolle zukam, aber bei dieser Presse ging es nicht nur um Propaganda, Agitation und Unterrichtung im Kriegshandwerk, sondern um kulturelle Erziehung bis hin zur Überwindung des Analphabetismus. Es darf nicht vergessen werden, dass zu den Internationalen Brigaden von Anfang an spanische Freiwillige und Rekruten gehörten, die dann mit dem allmählichen Nachlassen des Eintreffens internationaler Freiwilliger oft bis zu 60 % der Kämpfer stellten. Jede Division, jede Brigade, jedes Bataillon und vielfach auch Kompanien hatten ihre eigenen Zeitschriften und Zeitungen. Von aufwändig hergestellten Zeitschriften, für die international bekannte Intellektuelle schrieben, bis hin zur mühselig vervielfältigten Schützengrabenzeitung war alles vorhanden. Die Internationalen Brigaden hatten überdies als offizielles Organ den „Le Volontaire de la Liberté“, der seit dem 16. Dezember 1936 hauptsächlich in fünf, manchmal auch in acht Sprachen erschien und z.B. im Oktober 1937 eine Gesamtauflage von 52 200 Exemplaren hatte. Waren es im März 1937 noch 1.401 000, so wurden im Juli im Auftrag des Kriegskommissariats der Internationalen Brigaden 2.259 600 Flugblätter gedruckt.

In der internationalen Wahrnehmung am meisten beachtet war, weil sie an allen entscheidenden Schlachten vornehmlich an der Zentralfront teilnahm, die XI. Brigade. Sie hatte gemeinsam mit der kurz nach ihrem Entstehen gegründeten XII. Internationalen Brigade einen entscheidenden Anteil daran, dass es den Franquisten nicht gelungen war, die Hauptstadt Madrid einzunehmen. Als die ersten Kämpfer der XI: Brigade über die Gran Vía in Madrid marschierten, glaubten die Madrilenen, dass nunmehr sowjetische Truppen der bedrohten Republik zur Hilfe geeilt wären. Dabei war die XI. Brigade, wie es bald umgangssprachlich hieß, die „deutscheste“ aller Brigaden. Das hing aber weniger damit zusammen, dass der größte Teil der Kommandeure und die meisten Angehörigen des Offizierskorps und der Mannschaftsdienstgrade dieser Brigade Deutsche waren, sondern dass die Internationalen Brigaden bald nach ihrem Entstehen nach „Sprachengruppen“ organisiert wurden und zur „deutschen Sprachengruppe“ auch die Niederländer, Österreicher, Skandinavier und die Schweizer gezählt wurde. Und alle diese Nationalitäten bildeten dann den Kernbestand der XI. Brigade.

Am 24. Oktober 1936 war die Gründung der auch aus den Überlebenden der von Hans Beimler im August 1936 organisierten „Centuria Thaelmann“ bestehenden XI. Brigade, die ihre Zählung nach der Reorganisation der Spanischen Volksarmee erhielt, abgeschlossen. Nach ihrer Feuertaufe am 9. November 1936 in der Schlacht um Madrid verlor sie durch Tod und Verwundung ein Drittel ihrer Angehörigen. Aber durch den zu dieser Zeit noch anhaltenden Zustrom von Freiwilligen hatte sie im März 1937 einen Bestand von 1.468 Kämpfern, der im April 1937 auf 1.744 anstieg. Schon zu dieser Zeit gehörten ca. 600 Spanier der XI. Brigade an.

Am 2. März 1937 erschien die erste Ausgabe der „Pasaremos“ und dieses „Wir werden durchkommen“ drückte die Siegeszuversicht zu Beginn des Krieges aus. Noch im März erschienen in rascher Folge sieben Ausgaben mit einer Gesamtauflage von 14.000 Exemplaren. Wurden von der einzelnen Nummer in der ersten Zeit 2000 Stück gedruckt, so waren es dann ab Oktober 1937 2500. Diese Zahl blieb konstant bis zur Abschiedsnummer im Oktober 1938, die den Abzug der Internationalen Brigaden von den Fronten begleitete.

Obwohl die Zeitschrift vom Kommando der XI. Brigade herausgegeben wurde, befand sich die Redaktion natürlich nicht an der Front, sondern hatte ihren Sitz im Haus der Interbrigaden in der Calle Velázquez 63 in Madrid. Enge Verbindung bestand zur Presseabteilung in der Base Albacete, dem Ort des Kommandos der Internationalen Brigaden. Die politische Verantwortlichkeit und die Finanzierung lag, wie bei allen anderen Presseerzeugnissen der Brigaden auch, in den Händen des Kriegskommissariats der Internationen Brigaden, dem der Generalinspekteur-Generalkommissar der Brigaden, der italienische KP-Funktionär Luigi Longo (Gallo) vorstand. Wie alle Zeitschriften der Spanischen Volksarmee, so wurde auch die „Pasaremos“ von namhaften spanischen und internationalen Intellektuellen, Politikern, Schriftstellerinnen, Schriftstellern, Journalistinnen und Journalisten, von Malern und Grafikern unterstützt. Noch heute sind nicht nur die Inhalte, sondern auch die Gestaltung und die Bildsprache faszinierend. Montagetechniken in der Art John Heartfields wurden ebenso genutzt wie expressive Grafiken. Das zeugt von der großen Bedeutung, die der Aufklärung, der Agitation und Propaganda beigemessen wurde. Gewiss, im Mittelpunkt aller publizistischen Bemühungen stand die unablässige Betonung, dass nur die Politik der Volksfront den drohenden Faschismus verhindern könne. Dazu gehörte auch die fast durchgängige Beschwörung der Einheitsfront zwischen Kommunisten und Sozialisten, denn weshalb sollte das, was zwischen den spanischen Arbeiterparteien so erfolgreich funktionierte, nicht auch für deutsche Kommunisten und Sozialdemokraten möglich sein? So erklärt sich auch die Freude in der Berichterstattung, wenn es zu Besuchen hoher Funktionäre der Sozialistischen Internationale oder Vertreter der SPD bei den Internationalen Brigaden kam.

Ein außergewöhnliches Thema für eine militärische Zeitschrift war das der Fürsorge für die spanischen Kinder. Die XI. Brigade unterhielt mit dem Hogar de niños „Ernst Thälmann“ nicht nur ein eigenes Kinderheim in Moraleja, in ihrer Zeitschrift wurde immer wieder dazu aufgerufen, den verletzten, verwaisten und heimatlos gewordenen spanischen Kindern jede Unterstützung anheim werden zu lassen. Mit spürbarem Stolz wurde über Kinderfeste und erfolgreiche Spendenkampagnen berichtet.

Die „Pasaremos“ kann nicht zuletzt auch als eine bedeutende Zeitschrift des deutschen Exils gewertet werden, weil sie das zum Ausdruck brachte, wofür deutsche Exilanten, Männer und Frauen, in der Emigration und in Spanien kämpften. Aber bisher gab es keinen Nachdruck einer Zeitschrift der Interbrigaden, von der „Pasaremos“ gibt es wenige Originale in einzelnen Archiven. Mit dem Nachdruck aller Nummern wurde nun durch den Karl-Dietz-Verlag Berlin eine empfindliche Lücke geschlossen. Nicht nur Bibliotheken und wissenschaftliche Einrichtungen können jetzt über alle Exemplare dieser Zeitschrift verfügen, sondern auch Sammler und Interessierte. Sind schon alleine die Illustrationen der Zeitschrift wertvoll und wichtig, so ist es auch die mehrsprachige Berichterstattung, die von den wichtigsten Schlachten dieses Krieges ebenso erzählt wie vom Alltag der Freiwilligen. Die Autoren sind nicht nur bekannte Journalisten und Militärs, sondern auch Interbrigadisten, die wohl zum ersten Mal zur Feder gegriffen hatten.

 

Werner Abel (Hg.)

unter Mitarbeit von Karla Popp und Hans-Jürgen Schwebke

„Pasaremos“ – Organ der XI. Brigade. Kompletter Reprint der Zeitschrift

Karl Dietz Verlag Berlin 2017

39,90 Euro

Hier Bilder aus der letzten Ausgabe der „Pasaremos“:

Redaktion KFSR

Hier ist Platz für ein Wenig Biografie. Lorem ipsum dolor sit amed.