»Problem: In Spanien gab es keine Aufarbeitung« – Gespräch mit Dietmar Post. Über die Kunst des Dokumentarfilms, die Verbrechen des Franquismus und die Straflosigkeit Interview: Ronald Weber.

junge Welt – Wochenendgespräch,Aus: Ausgabe vom 21.10.2017, Seite 1 (Beilage) / Wochenendbeilage

»Problem: In Spanien gab es keine Aufarbeitung«

Gespräch mit Dietmar Post. Über die Kunst des Dokumentarfilms, die Verbrechen des Franquismus und die Straflosigkeit

Interview: Ronald Weber
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Die brutale Repression, mit der die Franquisten gegen ihre Gegner vorgingen, hörte auch nach ihrem Sieg 1939 nicht auf: politische Gefangene im alten Gefängnis von El Puerto de Santa María, Juni 1948

Dietmar Post ist Dokumentarfilmer und betreibt mit seiner Partnerin Lucía Palacios die Produktionsfirma Play Loud Productions. In ihrem neuen Film »Franco vor Gericht: Das spanische Nürnberg?« beschäftigen Palacios und Post sich mit dem in Argentinien anhängigen Strafverfahren gegen noch lebende mutmaßliche Täter der Franco-Diktatur. Im Februar wird eine 52minütige Version der Dokumentation auf Arte laufen. Parallel wird der 90minütige Director’s Cut in die Kinos kommen.

Wie wird man eigentlich Dokumentarfilmer. Studiert man das?Ich habe Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften studiert. Schriftsteller oder Filmemacher wird man dadurch natürlich nicht automatisch. Mich hat an dem Studium gestört, dass man nichts praktisch machen konnte. Nichts gegen Theorie, aber ich war immer schon eher praktisch orientiert. Ich hatte in Berlin Kontakt zu ein paar Undergroundleuten und habe da zwischendurch bei Drehs mitgeholfen. Aber das hat mich nicht wirklich befriedigt. Also entschloss ich mich, ich gehe nach New York. Da bin ich dann klebengeblieben.

Was haben Sie in New York gemacht?

Ich habe dort einen dreimonatigen Kurs besucht. Da hieß es von Anfang an »Hands on«. Man musste gleich am ersten Wochenende einen eigenen Kurzfilm mit einer 16-mm-Kamera drehen. In dem Kurs habe ich auch meine spätere Frau Lucía (Lucía Palacios, jW) kennengelernt. So hat es angefangen. Die fiktionalen Filme vom Anfang, »Bowl of Oatmeal« und »Cloven Hoofed«, haben eigentlich nichts mit dem zu tun, was wir seitdem dokumentarisch gemacht haben.

Die Kurzfilme waren also nur der Einstieg?

Ja, wobei ich eher durch Zufall zum Dokumentarfilm gekommen bin. Ich wollte eigentlich Spielfilme machen. Ich habe dann an der New York University den Dokumentarfilmer Thomas Schadt kennengelernt, als ich dort im Deutschen Haus, das mit dem Goethe-Institut kooperierte, nebenbei als eine Art Mädchen für alles gejobbt habe. Schadt gehörte zu den großen Dokumentarfilmern der 1980er Jahre und war für ein ganzes Jahr in den USA, um zwei Filme zu drehen. Er kam regelmäßig am Samstag morgen zum Zeitunglesen. Wir waren uns sympathisch, weil wir uns beide für Fußball interessierten, er schaute immer nach dem FC Nürnberg, ich war Arminia-Bielefeld-Fan. Irgendwann rief er an und fragte mich, ob ich nicht für ihn arbeiten wolle, er komme mit seinem Film über die Wall Street nicht klar, sein Englisch sei zu schlecht. So wurde ich für ein Jahr sein Assistent bei »Wall Street – ein Film über Geld«. Als die gemeinsame Arbeit beendet war, sagte er: Dietmar, eigentlich bis du auch ein Dokumentarfilmer, weil du Dinge kannst, die man an keiner Hochschule lernt – die Klappe halten, wenn gedreht wird, weil du Einfühlungsvermögen hast und mit Leuten umgehen kannst. Und das ist ja wichtig, dass man mit den Leuten kann, egal aus welchen Schichten die kommen, ob das ein Schuhputzer ist oder ein Bankier – oder Donald Trump, den wir auch für »Wall Street« interviewt hatten, der aber letztlich nicht in den Film kam. Trump hatte damals auf der Wall Street ein Gebäude gekauft, und das interessierte uns, weil uns die Straße auch als solche interessierte. Mittlerweile ist es ja egal, dass die Wall Street auch ein Ort ist, weil das Geldgeschäft heute virtuell ist.

Was ist der Unterschied, wenn man einen Spielfilm oder einen Dokumentarfilm dreht? Gibt es Dinge, die man mit einem Spielfilm nicht erzählen kann?

Ich glaube, ein Spielfilm ist viel einfacher. Du überlegst dir das vorher. Du denkst dir deine Leute aus, die du für deinen Film brauchst. Du kannst ihnen die Worte in den Mund legen. Im Dokumentarfilm geht das nicht. Der Protagonist ist dort immer jemand, der seine eigene Geschichte mitbringt. Du kannst die Leute nicht sagen lassen, was du gerne hättest.

Aber man ordnet so einen Film doch vor dem Hintergrund einer bestimmten Vorstellung an.

Das ist richtig. Es ist im Grunde genommen wie mit Musik. Bei einem Spielfilm bin ich der Komponist und sage den Mitspielern, wie sie zu spielen haben. Beim Dokumentarfilm ist das nicht so, zumindest nicht während der Dreharbeiten. Da sind die anderen wirklich Mitspieler. Und die spielen eben vielleicht etwas anderes, als du dir vorgestellt hast. Klaus Wildenhahn, einer der ganz großen Dokumentaristen Westdeutschlands, hat den suchenden Dokumentarfilm einmal mit Free Jazz verglichen. Das ist sehr treffend. Es ist eben nicht vorhersehbar, wie der andere reagiert. Wobei man natürlich in dem Moment – man hat ja mit so einer Person oft nur ein paar Stunden – gut vorbereitet sein muss. Wir unterscheiden uns da beispielsweise sehr von Werner Herzog, der sagt, je weniger er weiß, desto besser. Das finde ich unverantwortlich, wenn man einen Film über Geschichte macht. Das funktioniert bei Werner Herzog ganz gut, aber das sind auch andere Filme.

Bei Ihrem neuen Film »Franco vor Gericht« haben Sie gefilmt, und Ihre Partnerin hat die Gespräche geführt. Ist das Ihre Arbeitsteilung?

Das ist bei uns von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Hier habe ich die ganze Technik gemacht, Lucía die Fragen gestellt. Wir können beides. Uns ist auch wichtig, dass z. B. der Kameramann etwas fragen kann, so dass der Zuschauer merkt, aha, hier wird ein Film gemacht. Das ist ja etwas, das im modernen, neoliberalen Dokumentarfilm, der versucht, sich zunehmend dem Spielfilm anzunähern, komplett vergessen werden soll. Uns wird manchmal vorgeworfen, unsere Filme seien altbacken. Aber das würde bedeuten, man würde den Roman altbacken nennen. Und die Zuschauer, das merken wir bei den Diskussionen mit dem Publikum, schätzen das.

Wir versuchen immer Raum für Interpretation zu lassen, und wir schließen auch manche Dinge nicht komplett ab, weil sie nicht komplett abzuschließen sind. Die Offenheit gegenüber den Protagonisten und der respektvolle Umgang mit ihnen, das ist wichtig. Da ist es uns auch egal, wie die Leute ideologisch ticken. Das wird uns manchmal vorgehalten, so wie jetzt bei dem Franco-Film, für den wir u. a. die Tochter von General Juan Yagüe gesprochen haben, der 1936 in Badajoz in der Extremadura ein Massaker angerichtet hat. Wir sind mit ihr genauso respektvoll umgegangen wie mit allen anderen Protagonisten. Ich glaube, das gibt dem Zuschauer am Ende mehr Erkenntnisgewinn.

Weil die Interviewten sich im Gespräch selbst entlarven?

Na ja, wenn man das so bezeichnen will, habe ich da nichts gegen. Aber uns geht es ja erst einmal darum, etwas in Erfahrung zu bringen. Wir wollen wissen, wie die Person denkt. Wir stellen ja die Fragen auch zumeist vorsichtig und nicht unbedingt provokativ. Wobei man schon in der Lage sein muss, Leute aus der Reserve zu locken, wenn die gar nichts von sich preisgeben wollen. In unserem aktuellen Film gibt es ja zwei Menschen, die nach wie vor überzeugte Franquisten sind. Und die mussten wir eigentlich in keiner Weise zum Reden bringen, sondern die haben das von sich aus getan.

War es nicht schwierig, an die heranzukommen? Gab es da keine Abwehrhaltung?

Lucía Palacios und Dietmar Post

Dietmar Post und Lucía Palacios

Doch. Bei dem Gespräch mit José Utrera Molina (ein ehemaliger Minister Francos, der von der argentinischen Justiz mit internationalem Haftbefehl gesucht wurde und im April verstarb, jW) merkt man das. Das ist ja auch sein letztes Statement: »Wenn Sie mir glauben wollen, glauben Sie mir, wenn nicht, dann nicht.« Das ist ein klarer Ausdruck davon, dass er natürlich weiß, dass die beiden Personen, die ihm da gegenübersitzen, ideologisch eher woanders zu verorten sind als er.

Gibt es hinterher Probleme mit Gesprächspartnern, wenn die sich falsch dargestellt finden?

Bei unserem Film »Francos Siedler« war Molina ja auch schon dabei. Der hatte seine Weltpremiere auf dem Festival in Valladolid. Und da bekamen wir vier Tage vorher einen Brief von einem seiner Söhne, der Anwalt ist. Sie wollten, dass wir ihnen die Dokumentation vorher zeigen, sonst würden sie sie stoppen. Aber das hat nicht funktioniert, weil wir von Molina eine unterzeichnete Freistellungserklärung hatten. Wir haben dann mit unserem spanischen Anwalt eine Antwort formuliert, und damit war das Thema vom Tisch.

Sie und Ihre Frau haben sich dokumentarisch vor allem mit Musik befasst, zuletzt in »Deutsche Pop Zustände« mit der Geschichte rechter Musik. Für Ihre Dokumentation über The Monks haben sie 2008 einen Grimme-Preis bekommen. Das Thema Franquismus liegt da nicht unbedingt nahe. Oder hat das einfach den Grund, dass Ihre Partnerin aus Spanien kommt?

Nein, eher weniger. Ich war kurz nach dem Putschversuch 1981 zum ersten Mal in Spanien und habe 1985 auch mal für ein Jahr in Madrid gelebt. Mich hat der Spanische Bürgerkrieg, den man so eigentlich gar nicht mehr nennen sollte, Spanischer Krieg ist treffender, also das hat mich immer schon interessiert. Und ich war ganz erstaunt, dass viele der Leute, denen ich in Madrid begegnet bin, eigentlich gar keine Ahnung davon hatten. Das Thema hat mich nie losgelassen. Und dann war ich 1999 nach der Hochzeit mit meiner Frau auf Antrittsbesuch bei ihrer spanischen Familie, und wir sind mit dem Auto an diesem Straßenschild »Llanos de Caudillo« (Ebenen des Führers, jW) vorbeigekommen. Das ist ungefähr 40 Kilometer entfernt von dem Dorf, aus dem Lucía kommt. Ich habe gleich gefragt, was ist denn das für eine Ortschaft? Die Familie wusste nur, dass es sich um ein Siedlerdorf handelte. Aber niemand störte sich daran. Auch Lucía nicht. 1999 war es eben noch völlig normal, dass eine Straße nach José Antonio oder nach Franco oder nach Yagüe oder nach Mola oder wie sie alle heißen benannt war. Wir sind dann da hingefahren und haben mit Leuten aus dem Dorf gesprochen. Uns war relativ schnell klar, dass das eine irre Geschichte ist, zumal ja – was später in dem Film auch der rote Faden geworden ist – die mehrheitlich links wählende Einwohnerschaft trotzdem den Namen behalten wollte. Für uns war das wie ein Brennglas. Dieses Dorf war, was den Umgang mit der Vergangenheit angeht, wie ganz Spanien. Jetzt sind wir mit dem zweiten Projekt noch tiefer in diese Geschichte eingestiegen. Da merkt man dann sehr schnell, dass diese Übergangsphase von der Diktatur zur Demokratie eigentlich immer noch nicht abgeschlossen ist.

Das sagen ja heute viele, dass die sogenannte Transición, der Übergang vom Franquismus nach Francos Tod 1975 zur parlamentarischen Monarchie, nicht funktioniert hat.

Wir haben schon bei »Llanos de Caudillo«, mit dem wir viel unterwegs waren, gemerkt, dass die Transición das wichtigste Thema innerhalb Spaniens ist, dass man sich mit dem Erbe des Franquismus noch nicht wirklich beschäftigt hat. Erst unter der Regierung von José María Aznar vom Partido Popular, PP, ab 1996 wurde dieses Thema wieder wichtig. Ab da regte sich die Zivilgesellschaft, und es entstand eine breite Erinnerungsbewegung. Natürlich waren die Verbrechen des Franquismus auch vorher schon Thema. Sofort nach Francos Tod am 20. November 1975 sind die Leute zu den Gräbern gegangen, um dort Blumen niederzulegen, und es gab erste privat betriebene Aushebungen von Massengräbern. Ich habe das in den Archiven recherchiert. In den ganzen Zeitschriften, die dann gegründet worden sind, haben die Verbrechen der Franquisten eine Riesenrolle gespielt. Da gab es zum Beispiel Reportagen über Folterer. Nach 1975 gab es einen großen Aufbruch. In den ­ersten Jahren nach dem Ende der Diktatur ist irre viel an Material, an Büchern und Filmen zum Bürgerkrieg erschienen. Mit dem Putschversuch von 1981 hörte das dann auf. Das ist ein richtiger Bruch.

Wie sehr der Franquismus nachwirkte, welche Rolle er in der Demokratie weiterhin spielte, ist natürlich im Film schwer zu erklären. Aber wir haben das bei dem Gespräch mit der Tochter von Yagüe auf der Bildebene drin. Da hängen im Flur und im Arbeitszimmer Fotos von ihr mit Franco, mit dem König, mit Manuel Fraga (ehemaliger franquistischer Tourismus- und Informationsminister, der u. a. im Namen der Regierung die Hinrichtungen politischer Gefangener ankündigte, jW), mit Aznar. Im Grund kann man da die Geschichte der PP in einem Schnelldurchlauf sehen. Ich halte das auch für keine Übertreibung: Das ist die offizielle Nachfolgepartei des Franquismus. In Spanien gehört das Bekenntnis zu Franco zum guten Ton. Die haben sich nie für irgendwas entschuldigt, und sie versuchen es auch gar nicht.

Ihr neuer Film beschäftigt sich mit der Straffreiheit. Im Rahmen der Transición wurde eine allgemeine Amnestie für die politischen Gefangenen beschlossen, und die galt dann ebenfalls für alle franquistischen Täter. Bis heute ist niemand belangt worden.

Wir wollten eigentlich einen Film über Baltasar Garzón machen, den spanischen Ermittlungsrichter, der 2008 erstmals Anklage gegen Vertreter der Franco-Diktatur erhob und deshalb 2010 mittels eines Berufsverbots kaltgestellt wurde. Da gab es aber inzwischen schon zwei Dokumentationen. Als wir von der Klage in Argentinien hörten, hatten wir die Idee, darüber zu arbeiten. Das hat Arte gut gefallen. So ist das dann zustande gekommen.

»Franco vor Gericht« ist bestimmt unser bisher schwierigster Film. Die Schwierigkeit ist, über 80 Jahre spanische und zum Teil europäische Geschichte zu erzählen und das mit den juristischen Aspekten abzugleichen. Natürlich gibt es verschiedene Ebenen. Die Opfer erzählen andere Dinge als die Historiker, und für die Juristen sind wieder andere Tatsachen relevant. Wir haben versucht, das zu berücksichtigen, indem wir nach den persönlichen Gesprächen mit den Opfern und ihren Angehörigen oft noch einmal einen Historiker zu Wort kommen lassen oder eine der Anwältinnen, um das auch auf die juristische Ebene zu heben. Wir sind uns da auch nicht zu schade, noch einmal zu erklären, was denn eigentlich erfüllt sein muss, damit man von einem Völkermord sprechen kann

Das ist die Grundthese des Films, dass es in Spanien nach 1936 einen Völkermord gegeben hat.

Ich kann das nicht beantworten. Ich bin kein Jurist, und auch unter den Juristen gibt es da einen Riesenstreit, den wir aber im Film gar nicht abbilden wollten. Das wäre zuviel gewesen. Aber von seiten der Historiker ist das relativ klar. Paco Espinosa hat beispielsweise im Detail nachgewiesen, wie die Truppen von Yagüe in Andalusien und Extremadura vorgegangen sind. Und sein Schluss lautet: Das ist ein Völkermord. Lange Zeit hieß es ja, es habe zwei Lager gegeben. Das war die offizielle Lesart bis Mitte der 1990er Jahre. Das konnte man in allen Schulbüchern so lesen, dass der Bürgerkrieg eben ein Bruderkrieg war, wo auf beiden Seiten gleich viele Greueltaten begangen wurden, und dass es ungefähr auf beiden Seiten 30.000 Tote gegeben habe. Das ist von den Historikern längst komplett widerlegt worden. Das lässt sich überhaupt nicht mehr aufrechterhalten. Inzwischen ist das Verhältnis, was die Todeszahlen angeht, also Franquisten gegenüber Republikanern, bei eins zu vier. In den ersten Monaten nach dem Juli 1936 ist es eins zu 20, in manchen Regionen eins zu 100. In Städten wie Cádiz und Sevilla haben die Franquisten alle umgebracht, die sie umbringen konnten, systematisch. Immer zuerst die Gemeinderatsmitglieder, Politiker und Lehrer sowie Arbeiter wie in Badajoz. Dort hatten die Landarbeiter, die bettelarm waren, das Land der Großgrundbesitzer besetzt. Das haben die denen nie verziehen.

Wieviel Aussicht auf Erfolg hat denn die argentinische Klage? Wird es Verurteilungen geben?

Wohl eher nicht. Der spanische Staat mauert. Aber darum geht es auch erst in zweiter Linie. Wichtiger ist, noch einmal darauf hinzuweisen, welche Verbrechen in Spanien begangen wurden. Und das scheint ja für die Mehrheit der Opfer zentral zu sein: Sie möchten, dass die Verbrechen offiziell bestätigt werden. Sie wollen eine offizielle Bestätigung. Selbst Andoni Txasko, der während des Generalstreiks im baskischen Vitoria 1976, bei dem fünf Arbeiter erschossen wurden, ein Auge verlor, sagt das. Im Grunde interessiert es ihn nicht, ob die Verantwortlichen ins Gefängnis kommen. Offiziell sollen sie es zugeben. Offiziell muss jemand sagen: So ist es gewesen. Die Leute wollen eigentlich keine Rache. Natürlich gibt es auch Leute, die sagen, ja, ich will, dass die Täter ins Gefängnis kommen. Und dazu haben sie natürlich alles Recht der Welt.

Das Problem ist: In Spanien gab es keine Aufarbeitung. Es existiert zum Beispiel bis heute kein zentrales Museum zum Bürgerkrieg. Die ganze Archivlage ist ein Desaster. Es gibt keine Finanzierung. Auch bildungspolitisch sieht es schlecht aus. Und das ist alles nicht das Problem der Zivilgesellschaft. Es liegt eben nicht an der spanischen Bevölkerung. Das zeigen auch die meisten neueren Umfragen. Etwa 70 Prozent der Leute sagen mittlerweile, eigentlich müssten der Bürgerkrieg und der Franquismus juristisch aufgearbeitet werden. Die Bevölkerung ist nicht das Problem. Es sind die aktuellen staatlichen Strukturen, die das Problem darstellen.

Quelle: junge Welt – Wochenendgespräch,Aus: Ausgabe vom 21.10.2017, Seite 1 (Beilage) / Wochenendbeilage

Redaktion KFSR

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