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Bürgerkrieg im Bürgerkrieg – Symposium: Maiereignisse 1937 in Barcelona – Hintergründe, Akteure und Folgen. Von Peter Rau
junge Welt, 10.05.2017 / Antifa / Seite 15
In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat es unter sogenannten Linken – von Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten bis hin zu den Anarchisten, Trotzkisten und Stalinisten – diverse, zum Teil massive historische Kontroversen gegeben. Ein Beispiel sind die bis in die Gegenwart anhaltenden Differenzen in der Bewertung der Maiereignisse vor 80 Jahren in Barcelona.
Rund zehn Monate nach dem Militärputsch der Generäle um Francisco Franco kam es zwischen dem 3. und 7. Mai 1937 in dieser Stadt und anderen Teilen Kataloniens zu bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb der antifranquistischen und antifaschistischen Bewegung. Auf der einen Seite standen mit den anarchosyndikalistischen Gewerkschaften CNT und FAI sowie der linkssozialistisch-trotzkistischen »Arbeiterpartei der marxistischen Vereinigung« (POUM) – Verfechter der sozialen bzw. libertären Revolution. Auf der anderen Seite vertraten die Anhänger der in Madrid regierenden Volksfront die naheliegende These, dass es zuerst darum gehe, den Krieg gegen Franco zu gewinnen und allein aus diesem Grund die bürgerlich-demokratische Republik zu verteidigen.
So kam es auch zu der zugespitzten Fragestellung »Soziale Revolution oder bürgerliche Demokratie?«, der am vergangenen Samstag ein Symposium in Berlin auf den Grund zu gehen versuchte. Veranstaltet von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in deren Räumen am Franz-Mehring-Platz, dem Verein »Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936–1939« (KFSR), der Zeitschrift Telegraph und dem Karl-Dietz-Verlag, referierten die Historiker Reiner Tosstorff, Dieter Nelles, Michael Uhl und Werner Abel sowie Kerstin Hommel und Harald Wittstock vom KFSR.
Auslöser der Maiereignisse in Barcelona, über die zunächst Reiner Tosstorff berichtete, war ein Angriff der volksfronttreuen Guardia de Asalto (Sturmgarde) auf das maßgeblich von CNT-Gewerkschaftern verwaltete Telefonica-Gebäude. Den Befehl dazu hatte der kommunistische Polizeichef erteilt. In der Folge kam es zu erbitterten (Barrikaden-)Kämpfen. Erst fünf Tage später beendete ein mühselig ausgehandelter Kompromiss diesen Bürgerkrieg im Bürgerkrieg, doch die Differenzen blieben.
Die einsetzende Repression der verschiedenen Abwehrapparate unter anderem gegen die Gruppe »Deutsche Anarchosyndikalisten« in Spanien zeigte Nelles auf. Abel und Uhl thematisierten weitere Aspekte vor allem der Abwehrarbeit der KPD auf der Iberischen Halbinsel, während sich Wittstock als KFSR-Gründungsmitglied den – weithin fehlenden – Spuren der Maiereignisse in der DDR-Literatur widmete.
Die KFSR-Vorsitzende Kerstin Hommel, die abschließend den hier sachlichen Umgang mit diesem umstrittenen Thema würdigte, sprach von einem notwendigen Lernprozess auch angesichts bitterer Erfahrungen. Der zu Beginn des Symposiums erstmals vorgestellte Reprintband von Pasaremos, der Zeitschrift der XI. Internationalen Brigade, aus dem Karl-Dietz-Verlag trug auf seine Weise zum Gelingen der Veranstaltung bei.
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