Filmempfehlung: „Die Siedler Francos“. Autoren: Lucia Palacios und Dietmar Post.

Die Siedler Francos

Cover der DVD Die Siedler Francos

DVD

Der Dokumentarfilm Die Siedler Francos erzählt die Geschichte eines spanischen Dorfes, das nach wie vor den Namen des Diktators Francisco Franco trägt. Der Film porträtiert die Bewohner/-innen von Llanos del Caudillo (Die Ebenen des Führers), die sich sehr unterschiedlich zum Erbe der Franco-Diktatur äußern. Das Dorf wird somit zu einem Spiegelbild für die gesamte spanische Gesellschaft. Wie umgehen mit dem historischen Erbe der Franco-Diktatur?

Inhalt

In den Jahren der Franco-Diktatur von 1939-1975 werden in ganz Spanien circa dreihundert neue Dörfer mit Modellcharakter gegründet. Ziel ist die Ansiedlung verarmter Bauern. Einerseits will man so der zunehmenden Landflucht Herr werden und anderseits sollen die neuen Siedler die Fruchtbarkeit der kargen spanischen Landschaft erhöhen. Ideologisch dient das Siedlungsprogramm zur Erziehung eines neuen Menschen – fleißig, gottesfürchtig und regimetreu.

Der zwischen 2008 und 2012 von den Grimme-Preisträgern Lucía Palacios und Dietmar Post gedrehte Dokumentarfilm Die Siedler Francos zeichnet ein detailliertes Porträt des 1955 gegründeten Dorfes Llanos del Caudillo (Die Ebenen des Führers). Die Entwicklung der kleinen Gemeinde wird eingebettet in den allgemeinen Kontext der spanischen Geschichte von Francos Machtergreifung bis hin in die Gegenwart. Gespräche mit den heutigen Bewohnern, ehemaligen Lehrern, Verwaltern, Ingenieuren, Politikern, Historikern und Soziologen wechseln sich ab mit teilweise noch nie gezeigtem Archivmaterial. Im Zentrum steht die Frage nach dem Umgang mit dem Erbe der Diktatur. Ein Erbe, welches die spanische Gesellschaft bis heute tief spaltet.

Text: bpb

Technische Angaben
Länder: Spanien, Bundesrepublik Deutschland
Länge: 113 Minuten
Bild: PAL, Farbe, 16:9
Ton: Stereo
Sprache: OmdtU
Ländercode: 0

Links:

Zwei Filmprojekte setzen sich mit der Geschichte des Bürgerkriegs, der Diktatur Francos und dessen Erbe in der Demokratie auseinander: „Die SiedlerFrancos“ und „Der ungesühnte spanische Völkermord“…

„Als wir 1999 mit der Recherche zu unserem Film „Die Siedler Francos“ begannen“, so die Filmemacher Lucía Palacios und Dietmar Post, „fragten wir uns, warumes keine Klarheit bezüglich der Opferzahlen während des Spanienkriegs und der darauf folgenden Diktatur gab. Schnell fanden wir heraus, dass es auch mit dem Unwillen der spanischen Politik zusammenhing. So ist es der Zivilbevölkerung in Zusammenarbeit mit vielen Historikern geschuldet, dass in den letzten 15 Jahren diese Lücken z.T. geschlossen werden konnten. Entscheidenden Einfluss auf eine Revision der Geschichte hatte dabei die Aushebung der überall in Spanien zu findenden Massengräber. Die neuen historischen Funde konnten so in unseren Film einfließen. Und wie sehr diese Erkenntnisse innerhalb der spanischen Gesellschaft für Unwohlsein sorgen, zeigen die Publikumsreaktionen nach den Aufführungen. Einige Zuschauer sagten, wie nahe die Erzählungen über die täglichen Gängelungen unter der Diktatur an einen herankämen, wie sehr die Beschreibung der unbewältigten Vergangenheit eine Art von Schamgefühl auslösen würde. Dies erklärt vielleicht auch den Versuch, den Film verbieten lassen zu wollen sowie die Ignoranz auf großen Festivals. Als wir den Film im September in Rumänien vorstellten, überhäufte uns das Publikum mit Lob: „Genau wie unter Ceausescu.“ Seit sechs Monaten betreiben wir ein ambulantes Kino und fahren in Spanien übers Land und in die Städte und zeigen den Film in Kulturzentren, Vereinen, Kinoclubs, die zu Zeiten der Diktatur verbotene Filme zeigten, in Museen, Buchläden, Schulen, Universitäten, auf Dorfplätzen und überall dort, wo man uns einlädt. Viele Menschen haben uns jetzt gefragt, ob es nicht sinnvoll wäre, eine Fortsetzung von „Die Siedler Francos“ zu drehen. Zur Erinnerung, der Film endet mit dem Hinweis, dass seit September 2013 erstmalig in der Geschichte überhaupt, die Möglichkeit eines Gerichtsprozesses gegen die letztenVerantwortlichen der Diktatur besteht. Wir würden ungern einen zweiten Teil von einem vorherigen Film drehen. Aber wir wollen sehr wohl einen komplett neuen Film drehen, der allerdings über eine bloße Darstellung des möglichen Gerichtsverfahrens in Argentinien hinausgeht. Wir wollen uns auf historische Spurensuche begeben. Dafür wird es unabdinglich sein, sich mit dem Beginn des militärischen Konflikts in Spanien auseinanderzusetzen. Bei näherer Betrachtung wird klar, dass die spanischen Militärs nur mit Hilfe der italienischen, deutschen und portugiesischen Faschisten an die Macht gelangen konnten. Deshalb wird sich dieser neue Film (vorläufiger Titel: „Der ungesühntespanische Völkermord“) mit der europäischen Schuldfrage aus einandersetzen. Denn auch die aus heutiger Sicht völlig unverständliche Nicht-Einmischungspolitik Großbritanniens und Frankreichs trug direkt zum Ende der ersten spanischen Demokratie (1931– 1936) bei. Im Zusammenhang mit dem Film sollein großes virtuelles Museum entstehen,welches erstmalig in der Geschichte Spaniens eine komplette Landkarte des Terrors aufzeigen wird. Der Film „Der ungesühntespanische Völkermord“ könnte somit als Aufhänger und Ausgangspunkt für ein wesentlich größeres Projekt genutzt werden, nämlich für ein virtuelles Museum, wie es bisher in diesem historischen Umfangnoch nicht existiert. Im Film wird der Zuschauer gemeinsam mit den Protagonisten an einige zentrale Orte des Terrors geführt werden. Diese Orte werden auf einer Landkarte des Terrors markiert. Diese Landkarte soll helfen, eine konkrete Datenbank der Gräueltaten zu erstellen, damit die Orte der Erinnerung auch endlich als solche anerkannt und kenntlich gemacht werden. Diese Orte sind: Massaker und Bombardierungen während des Bürgerkrieges, die Massengräber, die Gefängnisse, die psychiatrischen Anstalten, Zuchthäuser, die 185 KZs allein in Spanien, die KZ-ähnlichen Internierungslager in Frankreich, Folterzentren der Polizei, die Zentrale der Geheimpolizei, Krankenhäuser, wo Babys verkauft wurden, Kinderheime und viele Orte mehr. Die Zeugenaussagen sollen so konkreten Daten und Orten zugeordnet werden. Es gibt bisher verschiedene Einzelinitiativen, die lokal solche Datenbanken erstellen. Wir wollen allerdings in Zusammenarbeit mit diesen Gruppen, Historikern, Stiftungen, Universitäten, Gedenkstätten, Spanien im Blickpunkt Museen eine zentrale Datenbank schaffen, die es in Spanien nicht gibt, weil sich dort die offizielle Politik konsequent weigert, Orte der Erinnerung zu erhalten oder zuschaffen. Wichtig wäre hier eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit Universitä-
ten, so dass Studenten direkt in diese Forschungsarbeit einbezogen werden können…
E-Mail: info@playloud.org.
LUCÍA PALACIOS, DIETMAR POST

Redaktion KFSR