Die Gemeinde Waldthurn ehrt den Oberpfälzer Arbeiterführer und Widerstandskämpfer – Helden im Spanischen Krieg 1936 – 1939 und Kommunisten – Hans Beimler mit einer Gedenktafel am 1. Dezember 2016. Bundespräsident Joachim Gauck wünschte in einem Brief der Gedenkveranstaltung anregende Gespräche.

Waldthurn enthüllt Gedenktafel für Widerstandskämpfer Hans Beimler (Quelle: onetz.de, 03.12.2016.)

„Im Sinne der Demokratie kein Held“

  Heimatpfleger Georg Schmidbauer (Zweiter von links) und Bezirkstagvizepräsident Lothar Höher enthüllen die vom Lennesriether Bernhard Bodensteiner gestaltete Hans-Beimler-Gedenktafel. Landrat Andreas Meier, MdL Anette Karl, Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß und Waldthurns Rathauschef Josef Beimler (von links) verfolgten die Zeremonie. Bild: fvo
Heimatpfleger Georg Schmidbauer (Zweiter von links) und Bezirkstagvizepräsident Lothar Höher enthüllen die vom Lennesriether Bernhard Bodensteiner gestaltete Hans-Beimler-Gedenktafel. Landrat Andreas Meier, MdL Anette Karl, Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß und Waldthurns Rathauschef Josef Beimler (von links) verfolgten die Zeremonie. Bild: fvo /Waldthurn
 (fvo) Einen raubeinigen und berühmten, aber in der Heimat vergessenen Gesellen ehrte die Marktgemeinde am Donnerstag direkt vor Bürgermeister Josef Beimlers Amtszimmer. Viele Gäste erinnerten am 80. Todestag von Hans Beimler an den Waldthurner Kämpfer gegen die Nazis, dessen Markenzeichen abstehende Ohren und ein hartes Schlossergesicht waren. Dabei gab es auch kritische Töne.

Der Rathauschef begrüßte dazu viel Prominenz. Sogar Bundespräsident Joachim Gauck wünschte in einem Brief der Gedenkveranstaltung anregende Gespräche. Auch Randolf Oechslein und Eva Petermann von der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) aus Hof waren samt Fahne der VVN (Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) angereist.

Hans-Beimler-Lied

Die Trachtenkapelle Waldthurn unter Leitung von Josef Pflaum begleitete die Feierstunden. Beeindruckend intonierte dritter Bürgermeister Hans-Peter Reil bei der Enthüllung der Gedenktafel das Hans-Beimler-Lied.

Die Festansprache hielt Georg Schmidbauer aus Oberbernrieth. Der Laudator erinnerte an Beimlers Todestag, den 1. Dezember 1936, und dessen widersprüchliche Darstellung. Im Westen vergessen oder bewusst als Kommunist totgeschwiegen, in der ehemaligen DDR aber als Kämpfer für die Arbeiterklasse gegen den Faschismus geradezu als Held vergöttert.

Beimler sei jedoch kein Heiliger und seiner Frau nicht immer treu gewesen. Vermutlich habe sie sich deshalb das Leben genommen. „Errichten wir also eine Gedenktafel für einen Ehebrecher und Terroristen?“, fragte Schmidbauer. Dies seien aber nur einzelne Facetten. „Was bleibt im Jahr 2016 von Hans Beimler übrig?“ In Zeiten, wo der rechtsradikale Mob Anschläge verübt, sei es ein wunderbares Zeichen, dass der Waldthurn dem Widerstandskämpfer Beimler eine Gedenktafel widmet.

Laut Bezirkstagsvizepräsident Lothar Höher sei Beimler ein tapferer, großer Mann, der mit der Errichtung einer Gedenktafel nach Waldthurn heimgekehrt sei. Er habe sich dem Nazi-System entgegengestellt, das Millionen Tote und ein zerstörtes Europa hinterlassen hat. Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß schlug in die gleiche Kerbe: „Beimler war ein echter Oberpfälzer. Respekt vor seinem Mut.“

Kritischer ging Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl mit dem Kommunisten um. Trotz einer langen Liste an Vorzügen diene Beimler „nur bedingt als Eins-zu-Eins-Vorbild“, und als Held vielleicht noch weniger. Seine mutige Haltung gegenüber den Schergen des Dritten Reichs nötige auch heute noch höchsten Respekt ab. Und dennoch: Beimlers Leben stand im Dienst einer undemokratischen Weltanschauung.

Konsequenter Mahner

Als es Ende der 1920er Jahre zu einer stetigen Radikalisierung der Gesellschaft kam, attackierten Beimler und seine Gesinnungsgenossen der KPD laut Dr. Appl die demokratischen Parteien des bürgerlichen Lagers stetig und hart. „Im Sinne der Demokratie ist Beimler kein Held und Vorbild.“ Er zeigte sich aber als interessanter, konsequenter Mahner und historische Person, die geradlinig und unbeirrt seinen Weg ging.

Für MdL Anette Karl taugt Beimler zwar nicht als Held, aber er könne trotzdem ein Vorbild sein, der seine Überzeugungen gelebt habe. „In der heutigen Zeit, wo der Rechtsradikalismus anfängt, sein Haupt zu erheben, brauchen wir Vorbilder wie Beimler.“ Landrat Andreas Meier sagte, der Markt habe heute den Mut, die Geschichte in die Gegenwart zurückzuholen. Waldthurn habe mit dem Gedenken an Beimler einen Denkanstoß gegeben.

In der heutigen Zeit, wo der Rechtsradikalismus anfängt, sein Haupt zu erheben, brauchen wir Vorbilder wie Beimler.MdL Anette Karl

Errichten wir also eine Gedenktafel für einen Ehebrecher und Terroristen?Georg Schmidbauer

Quelle: onetz.de, 03.12.2016.

Die Gemeinde Waldthurn in der Oberpfalz hat mit ihren knapp 2000 Einwohnern ein beeindruckendes Beispiel für souveränen Umgang mit der Geschichte gegeben. An seinem 80. Todestag wurde Hans Beimler von der Gemeindespitze mit einer Gedenktafel geehrt. Auf dem Video von der Enthüllung der Gedenktafel sind von links nach rechts zu sehen: Landrat Andreas Meier (CSU), Heimatpfleger Georg Schmidbauer, die Landtagsabgeordnete Anette Karl (SPD), Bezirkstagsvizepräsident Lothar Höher (CSU), Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß (SPD) sowie Waldthurns Erster Bürgermeister Josef Beimler (CSU), der mit Hans Beimler nicht verwandt ist.

Quelle: RED GLOBE Video

Oberpfalz TV – Otv: „Es war das dunkelste Kapitel in der deutschen Geschichte: Die Nationalsozialistische Diktatur zwischen 1933 und 1945. Hans Beimler aus Waldthurn, war damals ein engagierter Gegner des Regimes und Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten. Die Wahrnehmung seiner Person in der Öffentlichkeit könnte jedoch nicht unterschiedlicher sein. In der DDR als Volksheld und Märtyrer gefeiert, ist sein Name in der breiten Bevölkerung hier in der Oberpfalz fast in Vergessenheit geraten. Das möchte die Gemeinde Waldthurn jetzt ändern und hat deshalb gestern bei einer feierlichen Zeremonie eine Gedenktafel zu seinen Ehren enthüllt.“ (ac)
Freitag, 2. Dezember 2016: TV Beitrag

 

Wir sind stolz, dass Hans Beimler einer von uns war und ist.
Bürgermeister Josef Beimler

Erinnerungen an Hans Beimler aus Waldthurn. Von Franz Völkl aus Waldthurn

Kämpfer gegen die Nazis

Es wirkt ein bisschen wie ein Heldenepos aus vergangenen Zeiten: das Leben des Hans Beimler, Freiheitskämpfer aus der nördlichen Oberpfalz.

Der gelernten Schlosser Hans Beimler war bis zu seinem 16. Lebensjahr in Waldthurn. Später lehnte er sich gegen das Regime der Nationalsozialisten auf. Bürgermeister Josef Beimler geht nun hinsichtlich des etwas vergessenen „prominenten Kommunisten“ in die Offensive und lässt den Freiheitskämpfer die nötige Ehre zuteil werden. Der Markt hält am Donnerstag, 1. Dezember, dem 80. Todestag von Hans Beimler, eine Gedenkveranstaltung. (Infokasten) .

Wer war dieser Kämpfer gegen den Faschismus, der Zeit seines Lebens seinen Idealen folgte? Er war ein raubeiniger Geselle, mit auffallend großen und abstehenden Ohren und hartem Schlossergesicht. Der „Beimlerschlosser-Hans“ wurde am 2. Juli 1895 in München als Johann Baptist Beimler geboren. Seine Mutter war die Köchin Rosina Beimler aus Waldthurn. Mit drei Wochen übergab die ledige Frau das Kind den Großeltern in der Oberpfalz.

Spitznamen „Kistenböibl“

Angeblich soll der kleine Hans in einer Kiste mit Luftlöchern von München mit der Bahn geschickt nach Waldthurn worden sein. Vermutlich hat ihn aber seine Mutter bis zum Bahnhof Waldthurn begleitet und dort seinen Großeltern in einer Kiste übergeben. Deshalb bekam der Kleine aus München später den Spitznamen „Kistenböibl“, was aber auch seiner späteren Mitgliedschaft bei den Spartakisten herrühren könnte.

Die Oma und der Opa kümmerten sich um den Buben, der nach Aussagen von Schulkameraden ein sehr lebhaftes Kind war. Schon damals war Beimler ein Draufgänger, der immer wieder etwas anstellte und dafür oft auch Prügel bezog. Er besuchte in Waldthurn die Schule, um anschließend das Schlosserhandwerk bei seinem Großvater zu lernen. Am Sonntag seien sie immer in das sechs Kilometer entfernte Steinfrankenreuth (Markt Floß) marschiert und haben dort Krieg gespielt. „Hans war immer der Anführer“, erinnert sich der Waldthurner Hans Klier an die Erzählungen von Beimlers Schulkameraden, den Schneidermeister Johann Vitzthum.

Nach oben gearbeitet

Als 16-Jähriger kehrte Beimler Waldthurn den Rücken und ließ sich zunächst in München und anschließend in Hamburg nieder. Dort war er als Werftarbeiter tätig und lernte seine erste Frau Magdalena Müller kennen, die ihm zwei Kinder zur die Welt brachte. 1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Die Nachricht von der russischen Oktoberrevolution beeindruckte ihn, so schloss er sich dem Spartakusbund an und gehörte zu den ersten Mitgliedern der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).

Mit seiner Gattin ging er vom Norden wieder nach Südbayern. Die Parteispitze der KPD berief im Juni 1925 den umtriebigen Kämpfer in die Bezirksleitung Südbayern. Seine Frau konnte mit seinen Idealen und der süddeutschen Mentalität wenig anfangen. 1927 beging sie Suizid. Beimler leitete in Augsburg die KPD und wurde in den Stadtrat gewählt. Im April 1932 wurde er kommunistischer Abgeordneter im Bayerischen Landtag. Am 31. Juli des selben Jahres schaffte er den Sprung in den Berliner Reichstag. In Augsburg hatte der geniale Redner schon vorher die 14 Jahre jüngere Centa Dengler als 16-Jährige kennengelernt. 1930 hatte er die junge Frau geheiratet.

Beimler erkannte schnell die Gefährlichkeit der Nazidiktatur. Viel Zeit für seine politische Betätigung im Reichstag blieb ihm nicht. Bei den Wahlen zum Reichstag wurde er am 5. März 1933 als Abgeordneter bestätigt, doch mit dem Machtantritt Hitlers am 30. Januar 1933 begann die Hatz auf politisch Andersdenkende. Beimler wetterte gegen die Nazis und ging mit der Parteiführung der KPD in den Untergrund. Dort setzte er seinen Kampf gegen den Nationalsozialismus fort. Bis zum 1. April 1933 konnte Beimler seinen Verfolgern entkommen. Doch trotz aller Vorsicht nahm ihn zivile SS-Leute fest. Verhöre und Misshandlungen folgten. 14 Tage war er in den Verließen des Münchner Polizeipräsidiums furchtbaren Schmerzen ausgesetzt – brechen konnten sie ihn nicht.

Flucht aus KZ

Beimler wurde als einer der ersten Häftlinge in das Konzentrationslager Dachau überführt. Die Quälereien verschärften sich und er wurde dort zum Selbstmord aufgefordert. So beschloss der damals 38-Jährige, auszubrechen. In der Nacht zum 9. Mai startete er eine spektakuläre Flucht. Beimler verließ den Arrestbau durch das Oberlicht seiner Zelle und näherte sich dem Stacheldrahthindernis mit dem dahinterliegenden elektrisch geladenen Drahtzaun. Er hatte einen genialen Einfall: Er überwand die Drahtsicherungen geschützt durch ein Holzbrett, das den Stromfluss isolierte, und so gelang ihm das tollkühne Unternehmen ohne jede Verletzung.

Beimler floh nach Moskau, wo im August 1933 seine Aufzeichnungen „Im Mörderlager Dachau – vier Wochen in den Händen der braunen Banditen“ in Druck gingen. 1935 wurde er nach Zürich ins Exil geschickt. Im August 1936 traf der Waldthurner in Spanien ein und half bei der Verteidigung Madrids. Am 1. Dezember 1936 starb der Freiheitskämpfer unter ungeklärten Umständen vor Madrid.

Getötet in Spanien

Beim Durchlaufen einer Passage, die von feindlichen Scharfschützen eingesehen werden konnte, wurde er durch einen Herzschuss getötet. Beimlers Tod löste im spanischen Rundfunk Bestürzung aus. Über zwei Millionen Menschen nahmen vom Tag der Aufbahrung in Madrid bis zu seiner Beisetzung in Katalonien Abschied. 300 000 Menschen gaben ihm am Bergfriedhof Montjuic in Barcelona das letzte Geleit.

Volksheld in der DDR

Mögen die Umstände seines Todes auch ungeklärt sein, so setzte nach Beimlers Ableben eine gigantische Heroisierung sein. Er eignete sich als antifaschistisches Vorbild. Ein Umstand, den die Führung der DDR später ausgenutzte. Sie stilisierte ihn zum eindimensionalen Volksfrontkämpfer, zum heldenhaften Märtyrer, zum Vorkämpfer des realexistierenden Sozialismus. Er wurde in der „Ostzone“ als Volksheld gewürdigt, Fabriken und Chöre, Kriegsschiffe, Kasernen, Schulen und Straßen wurden nach ihm benannt. Das DDR-Fernsehen produzierte Spiel- und Dokumentarfilme. In der Bundesrepublik fand der Freiheitskämpfer nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der Naziherrschaft als Kommunist wenig Anerkennung.

In Augsburg befindet sich mittlerweile ein Hans-Beimler-Zentrum. Dort und in München-Moosach ist auch jeweils eine Straße nach Beimler benannt. Was bleibt, ist der Name eines Mannes, der den Mut hatte der Hitlerdiktatur Widerstand zu leisten. Beimler war einer der ersten Zeugen, der die Öffentlichkeit im In- und Ausland über die Machenschaften der Nazis und den Terror in den Konzentrationslagern informierte.

Am Ort seiner Kindheit und Jugend in Waldthurn war er in Vergessenheit geraten. Das Schlosserhaus, in dem Beimler aufgewachsen ist, steht heute noch. „Wir sind stolz, dass Hans Beimler einer von uns war und ist“, sagt Bürgermeister Josef Beimler. Und er ergänzt, dass es „nicht mein Onkel Hans war“, auf die Namensgleichheit angesprochen. „Auch Bezirkstagvizepräsident Lothar Höher aus Weiden schätzt die Verdienste des Waldthurner Schlossers“, berichtet der Rathauschef und freut sich über eine Hans-Beimler-Medaille, die Höher im Internet ersteigerte und dem Markt überreichte.

 

Gedenkveranstaltung

Die Fahrenberg-Gemeinde erinnert am Donnerstag, 1. Dezember, um 18 Uhr mit einer Gedenkveranstaltung im Gemeindezentrum an den etwas vergessenen, aber trotzdem berühmten Sohn Waldthurns. Zum 80. Todestag von Hans Beimler wird eine Gedenktafel enthüllen. Auch Bezirkstagvizepräsident Lothar Höher und Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl haben ihre Teilnahme zugesagt. (fvo)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Redaktion KFSR