- In der Oktoberausgabe der Mitteilungen der KPF schreibt Viktor Grossman über Gerda Taro und Leipzig einen Beitrag. Siehe auch: KFSR-Berichte.
Erklärung des KFSR 1936-1939 e.V.: Gerda Taro nach 1937 zum zweiten Mal ums Leben gekommen – in Leipzig 2016
Die Mitglieder und Sympathisanten des Vereins „Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1926-1939 e.V. (KFSR)“ sind bestürzt und schockiert über die öffentliche Schändung und „bewusste Ausstreichung des Andenkens an eine jüdische Fotografin“, an Gerda Taro, und verurteilen diesen antisemitischen und antirepublikanischen Akt auf das Entschiedenste!
Gerda Taro berichtete während des Spanischen Krieges 1936-1939 von der Aragon-Front und von der Zaragosa-Offensive, von den Kämpfen bei Córdoba und Toledo. Sie fotografierte beim II. Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur im Juli 1937 in Valencia Schriftsteller wie Anna Seghers, Martin Andersen Nexö, Alexej Tolstoi oder Erich Weinert. Von dort aus ging sie unmittelbar an die Zentralfront, um den Kampf um Brunete zu dokumentieren.
Gerda Taro wurde von einem republikanischen Panzer, einem T-26 sowjetischer Bauart, überrollt. Den Panzer steuerte Aníbal Gonzáles aus Albacete. Dieser schien nichts von dem tragischen Unfall gemerkt zu haben, denn gleich darauf überholte ihn ein anderer T-26, dessen Fahrer Fernando Plaza ihm dann zurief: „Te has cargado a la francesa!“ („Du hast die Französin überfahren!“).
Experten, auch Historiker, die im KFSR 1936-1939 e.V. organisiert sind, recherchierten viele Dokumente. Die Sache trug sich während der Schlacht um Brunete zu und verlief wohl so: Deutsche Flugzeuge, Henkel 111-Bomber, Jäger Me-109B1 und Junkers-52 der „Jagdstaffeln“ der faschistischen Legion Condor bombardierten und beschossen unaufhörlich die zurückflutenden Republikaner. General Walter (Karol Waclaw Ṡwierczewski), der Kommandeur der 35. Division der Spanischen Volksarmee versuchte, die fliehenden Soldaten aufzuhalten. Panzer und LKW´s transportierten die Verwundeten in Richtung El Escorial ab, auch der Dienstwagen von General Walter, ein Chevrolet Matford, gesteuert von dem Tschechen Josef Edenkoffer war voll mit Verwundeten. Gerda, die auch aus der Frontlinie wollte, konnte nur noch auf dem Trittbrett mitfahren. Das war am 25. Juli 1937 gegen 18:30 Uhr.
Die deutschen und italienischen Bomber kamen wieder und als besagter Panzer den PWK überholte, kam der PKW wegen der Explosion einer Bombe ins Schleudern, wurde von dem Panzer gestreift und Gerda Taro stürzte während des Fotografierens vom Trittbrett – gerade vor den Panzer. Der überrollte mit seinen 9,6 Tonnen ihren Unterkörper bis zur Hüfte. Sie wurde sofort geborgen und ins britische Feldhospital der 35. Division in El Escorial gebracht. Trotz Bluttransfusionen und Operationen verstarb Gerda Taro am Morgen des 26. Juli 1937.
Zwei Tage später wurde sie in Valencia aufgebahrt und in einem offiziellen Trauerakt aus Spanien verabschiedet. Man überführte ihren Leichnam nach Paris, wo am 1. August 1937 eine überwältigende Trauerfeier unter Teilnahme zahlreicher Emigranten, Künstler und Intellektueller stattfand. Die Beisetzung erfolge auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise.
Die ehemaligen Angehörigen des Tschapajew-Bataillons, die sich noch lange mit Begeisterung an ihren Besuch bei ihnen an der Córdoba-Front erinnerten, und die nach der Auflösung der XIII. Internationalen Brigade der XI. Internationalen Brigade angehörten, verteilten einen Flugzettel über ihren Tod.
Für uns ist Gerda Taro in Leipzig zum 2. Mal ums Leben gekommen. Als Jüdin musste sie Deutschland verlassen, deutsche Flugzeuge waren der Hauptgrund für ihren Tod. Es ist ein kaum zu überbietendes barbarisches Denken von Deutschen, nun auch noch das Andenken an sie in dieser Art zu besudeln.
Mit Sympathie und in Solidarität sind wir mit den Organisatoren der Ausstellung, den vielen vor allem Leipziger Teilnehmerinnen an der Crowdfunding-Kampagne und bei den Kuratoren und wünschen uns nichts sehnlicher, als dass sie die Kraft und Mittel aufbringen und die Ausstellung neu installiert wird.
Mitglieder des Vereins „Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936-1939 e.V. (KFSR)
Berlin, 24. August 2016
Flugblatt – Quelle: Werner Abel, Privatarchiv
Presseecho:
- Antisemitischer Akt in Leipzig verurteilt, junge Welt, Aus: Ausgabe vom 25.08.2016, Seite 8 / Abgeschrieben;
- Gerda Taro nach 1937 zum zweiten Mal ums Leben gekommen – in Leipzig 2016, scharf-links.de, Antifaschismus, Internationales, Sachsen, Bewegungen , 24.08.2016;
- Gerda Taro nach 1937 zum zweiten Mal ums Leben gekommen – in Leipzig 2016, www.trueten.de, 25. August 2016;
- verein-kfsr-zur-schaendung-der-leipziger-fotoinstallation-zu, ad-hoc-news, 26.08.2016;
- Gerda Taro (manchmal auch Gerta Taro), mit bürgerlichem Namen Gerta Pohorylle, (* 1. … und Freunde der Spanischen Republik 1936–1939 e. V. (KFSR
) spricht davon, das sie in Leipzig 2016 „zum zweiten Mal ums Leben gekommen “ sei. WIKIPEDIA, Ausstellungen, 24. August 2016; - Die ausgestrichenen Bilder erneuern. Das gerda Taro-Display in Leipzig. Kommentar vom KFSR, Hans-Jürgen Schwebke, Erklärung KFSR e.V.; Crowdfundigplattform: VISIONBAKERY, 25. August 2016;
- Erklärung KFSR 1936-1939 e.V…, Linksnavigator für Information und Vernetzung in Rhein-Main, 25. August 2016;
- Antisemitischer Akt in Leipzig verurteilt, Leipziger: Aktuelle News im Ticker – Donnerstag, 25. August 2016;
- Gerda Taro ist zum zweiten Mal ums Leben gekommen – Zu »Der Versuch einer Ausstreichung«, 12.8., Länderseite 13 in „neues Deutschland“ (nd), Berlin-Ausgabe vom Dienstag, 6. September 2016, Leserbriefe, Seite 18.
Wortlaut des Leserbriefes (Erklärung KFSR gekürzt):
Die Mitglieder und Sympathisanten des Vereins »Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1926-1939 e. V. (KFSR)« sind bestürzt und schockiert über die öffentliche Schändung und »bewusste Ausstreichung des Andenkens an eine jüdische Fotografin«, an Gerda Taro, und verurteilen diesen antisemitischen und antirepublikanischen Akt auf das Entschiedenste!
Gerda Taro berichtete während des Spanischen Krieges 1936-1939 von der Aragon-Front und von der Zaragosa-Offensive, von den Kämpfen bei Córdoba und Toledo. Sie wurde am 25. Juni 1937 von einem republikanischen Panzer überrollt und verstarb am Morgen des 26. Juli 1937. Man überführte ihren Leichnam nach Paris, wo am 1. August 1937 eine überwältigende Trauerfeier unter Teilnahme zahlreicher Emigranten, Künstler und Intellektueller stattfand. Die Beisetzung erfolge auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise.
Für uns ist Gerda Taro nun in Leipzig zum zweiten Mal ums Leben gekommen, die wegen ihrer jüdischen Herkunft Deutschland verlassen musste. Es ist ein kaum zu überbietendes barbarisches Denken von Deutschen, nun auch noch das Andenken an sie in dieser Art zu besudeln. Mit Sympathie und in Solidarität sind wir mit den Organisatoren der Ausstellung, den vielen, vor allem Leipziger Teilnehmerinnen an der Crowdfunding-Kampagne, und bei den Kuratoren und wünschen uns nichts sehnlicher, als dass sie die Kraft und Mittel aufbringen und die Ausstellung neu installiert wird.
Hans-Jürgen Schwebke, Berlin
Achtung: Inzwischen ist eine neue Crowdfunding-Kampagne gestartet worden: Die ausgestrichenen Bilder erneuern. Das Gerda Taro-Display in Leipzig. Wer spenden möchte, findet hier die notwendigen Informationen.
Hintergrund:
Bildrechte: MDR/Niklas Tolkamp
- Ausstellung Fotofestival f/stop: Reportagen von Capa und Taro erstmals in der Leipziger City, Leipziger Volkszeitung, 23. Juni 2016 von Evelyn ter Vehn;
- Straße des 18. Oktober Infotafeln zu Leben und Werk von Gerda Taro mit schwarzer Farbe überpinselt, Leipziger Volkszeitung, 04. August 2016 von Jürgen Kleindienst;
- Polizei ermittelt Infotafeln zu Gerda Taro bemalt, MDR Sachsen, 05. August 2016 von Niklas Tolkamp
- Vandalismus in Leipzig Öffentliche Installation jüdischer Fotografin zerstört, Monopol, Magazin für Kunst und Leben, 11.August 2016 von Donna Schons;
- Der Versuch einer Ausstreichung Erste Ausstellung mit Fotos von Gerda Taro in Leipzig wurde zerstör, neues deutschland, 12. August 2016 von Hendrik Lasch;
- Leipzig Flüchtlingsfotos einer jüdischen Künstlerin zerstört, Berliner Zeitung, 12. August 2016 von Ingeborg Ruthe;
- In Stuttgart geborene Fotografin Fotos von Gerda Taro überschmiert, Stuttgarter Zeitung, 15. August 2016 von Amber Sayah;
- Bilder der Fotografin in Leipzig übermalt Der Hass auf Gerda Taro, art DAS KUNSTMAGAZIN, 17. August 2016 von Susanne Altmann;
- „Schwarze Schande“: Fotos von Gerda Taro in Leipzig mit Teerfarbe übermalt, Rote Fahne News, 18. August 2016;
- Kunstskandal in Leipzig Aufstand gegen die Schwarzmaler, FAZ, Feuilleton, 19. August 2016 von Jan Russezki
- Vandalismus Geschwärztes Gedenken, Süddeutsche Zeitung, 24. August 2016, von Sofia Glasl