„Alles für die Republik“
Anita Kochnowski und Ingrid Schiborowski erforschen den Anteil, den Frauen an der Verteidigung der spanischen Volksfrontregierung im Krieg 1936 bis 1939 hatten
Peter Rau
Eine biographische Dokumentation nennen die Autorinnen ihr Buch über »Frauen im spanischen Krieg 1936–1939«, das im Herbst erscheinen soll. Anlass der Veröffentlichung wird der 80. Jahrestag der Gründung der Internationalen Brigaden sein. Erstmals öffentlich vorgestellt wurde das von der Rosa-Luxemburg-Stiftung geförderte Projekt am vergangenen Wochenende bei einer Veranstaltung des Vereins »Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936–1939« e. V. (KFSR) in Berlin.
Die Verfasserinnen, Anita Kochnowski und Ingrid Schiborowski, sind wie ihre Lektorin Karla Popp keine gelernten Historikerinnen, sondern Töchter deutscher Spanienkämpfer, die sich im KFSR zusammengefunden haben. Sie bewegen sich mit ihrem Projekt auf einem Feld, das in der Vergangenheit nicht allzuoft bestellt worden ist. Sie erforschen den eigenständigen Anteil, den Frauen an der Verteidigung der Republik und ihrer Volksfrontregierung hatten. Das gilt zuerst natürlich für Spaniens Frauen und Mädchen, die an den Fronten wie im Hinterland, in Verwaltungen und Fabriken Großes leisteten. Es gilt gleichermaßen für mehrere tausend aus dem Ausland Gekommene, die als Ärztinnen und Krankenschwestern, Milizionärinnen, Kraftfahrerinnen, Dolmetscherinnen, Fotografinnen oder Journalistinnen auf der Iberischen Halbinsel Menschenwürde, Freiheit und Demokratie zu verteidigen halfen.
Auch wenn in den letzten Jahren entsprechende Veröffentlichungen häufiger geworden sind: Eine umfassende Geschichte all dieser Frauen, einschließlich jener, die sich in ihren Heimatländern um die internationale Solidarität mit dem spanischen Volk verdient gemacht haben, ist noch nicht geschrieben. Die vergangenen Sonnabend auszugsweise vorgestellten etwa 30 Kurzbiographien spiegeln gewissermaßen die gesamte internationale Bandbreite wider. Es handelte sich um Lebenswege von Frauen aus den USA und Kanada, aus Australien, Argentinien, Brasilien, aus der Sowjetunion, Polen, der CSR, Ungarn, Großbritannien, Dänemark und nicht zuletzt aus Deutschland. Für letztere stehen beispielsweise Hedwig Rahmel-Robens und Lisa Ost. Sie arbeiteten in Spanien als Krankenschwestern, bevor sie in der französischen Résistance aktiv wurden. Beide wurden 1944 von der Gestapo ermordet.
Aus Australien kam Dora Eliza¬beth Burchill (1904–2003), die in einer britischen Krankenwageneinheit half. Die Argentinierin Fanny Edelman (1911–2011) wiederum arbeitete in der Uniform der Interbrigaden in Spanien für die Rote Hilfe. Später wurde sie Vorsitzende der argentinischen KP und Generalsekretärin der Internationalen Demokratischen Frauenföderation IDFF. Eine ganz andere Herkunft prägte Elise Thomsen aus Dänemark (1901–1995). Die ausgebildete Lehrerin gehörte der religiösen Gemeinschaft der Quäker an, in deren Auftrag sie 1937 in Spanien ein Kinderheim einrichtete und verwaltete. Nur 33 Jahre alt wurde die norwegische Reporterin Gerda Grepp (1907–1940), die ab 1936 für die sozialdemokratische Zeitung Arbeiderbladet aus Spanien berichtete, bevor sie, zurück in Norwegen, an Tuberkulose starb.
Neben den bekannteren Bildreportern Robert Capa und Gerda Taro arbeitete auch die ungarische Fotografin Kati Horna (1912–2000) in Spanien, und zwar für anarchistische Presseerzeugnisse wie die Zeitschrift Mujeres Libres (Freie Frauen). Seit Oktober 1936 war Elisaweta Parschina (1913–2002) als Übersetzerin für sowjetisches Fliegerpersonal eingesetzt und später als Dolmetscherin zum XIV. Cuerpo de Ejército Guerrillero abkommandiert.
Einer ganz anderen Generation gehörte Katharine Marjory Stewart-Murray (1874–1960), spätere Herzogin von Atholl aus dem schottischen Edinburgh an. Gemeinsam mit den Parlamentsabgeordneten Ellen Wilkinson und Eleanor Rathbone reiste sie für ihre Regierung im April 1937 nach Valencia, Barcelona und Madrid. Sie wurde Vorsitzende des nationalen Unterstützungskomitees für Spanien, das bei der Evakuierung von Kindern aus Kriegsgebieten half.
Dem Vergessen wollen die Autorinnen auch die Spanierinnen entreißen, die nach dem Sieg der Volksfront eine völlig neue Rolle in der bis dahin vom Katholizismus geprägten Gesellschaft spielten. Sie fanden Details über das Leben von sechs Frauen heraus, die – ob als ungelernte Näherin oder spätere Akademikerin, ob als Guerillera oder zur AKW-Gegnerin gewordene Anarchistin – Verantwortung übernahmen, so sie nicht vor bzw. nach der Niederlage der Republik den franquistischen Henkern in die Hände gefallen waren.
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22.07.2016 / Feminismus / Seite 15
Foto: Frauendemonstration für die Verteidigung der Hauptstadt der Republik in Madrid; Foto: jW Archiv