Reisebuch über Bilbao und Bizkaia im Baskenland abseits der touristischen Mainstreamliteratur herausgegeben. Von baskisch-deutscher Kulturverein Baskale und Arbeitskreis Regionalgeschichte.

Foto: Erinnerungsdenkmal Bilbao für die Opfer des Faschismus (FAT)

Der baskisch-deutsche Kulturverein Baskale hat zusammen mit dem Arbeitskreis Regionalgeschichte ein Reisebuch über Bilbao und Bizkaia im Baskenland herausgegeben. Geschrieben wurde es von zwei Autor*innen, die seit langem in Bilbao leben.

Auf 177 Seiten werden – abseits der touristischen Mainstreamliteratur – Geografie, Geschichte, Gegenwart, Kultur und Sprache des Baskenlandes beschrieben. Zahlreiche Farbfotos und Karten ergänzen und illustrieren den Text. Ein ausfühliches Glossar erleichtert den Zugang zu den historischen Zusammenhängen.

Titelseite des Reisebuchs (FAT

Der herausgebende Kulturverein Baskale wünscht allen Leser*innen und Benutzer*innen viel Vergnügen bei der Lektüre des Reisebuchs. Für Anmerkungen, Kommentare und Kritiken zum Reisebuch ist er offen.

Das „REISEBUCH BILBAO-BIZKAIA“ behandelt neben ausführlichen Ortsbeschreibungen den Spanienkrieg und die Franco-Diktatur. „Es stellt den im Baskenland vorherrschenden Massentourismus in Frage und präsentiert eine Sichtweise von Euskal Herria, die in keiner anderen Reise-Publikation zu finden ist. Ein Buch aus der Seele einer politisch-kulturellen Bewegung: kritisch, direkt und herzlich“ (BASKINFO).

Im hier dokumentierten BASKINFO-Interview stellt die BASKALE-Mitarbeiterin Amaia Urrutikoetxea das Buch und seine inhaltlichen Schwerpunkte vor. Herausgegeben wird das Reisebuch gemeinsam vom Arbeitskreis Regionalgeschichte in Neustadt, Niedersachsen und dem im Baskenland ansässigen Kulturverein. (baskultur.info 2018-07-19) (1)

BASKINFO: Nach einem Dokumentarfilm, einer Ausstellung und verschiedenen Broschüren stellt der Kulturverein Baskale aus Bilbao nun das „Reisebuch Bilbao-Bizkaia“ vor und verspricht dabei, eine alternative Reiselektüre anzubieten.

BASKALE: Das ist richtig. Drei Jahre haben wir an dem Buch-Projekt gearbeitet, nun können wir es dem interessierten Publikum vorstellen.

Welche Motivation, welches Konzept stecken hinter diesem Reisebuch? Welche Schwerpunkte sind darin zu finden?

Generell findet die Leserin in diesem Reisebuch vieles, was ansonsten in der Reiseliteratur zu kurz kommt, wenn es nicht gänzlich unterschlagen wird: die unangenehmen Seiten der Urlaubsparadiese, Geschichten, die sich mit Krieg, mit Diktatur, mit Ausbeutung und Massentourismus beschäftigen. Wir stellen das baskische Panorama realistisch dar, abseits des Guggenheim-Hypes, wir geben Einblick in die Problematik der baskischen Sprache Euskara. Insgesamt versuchen wir, unrichtige Informationen über das Baskenland klarzustellen.

Euer Reisebuch ist thematisch beschränkt auf Bilbao und Bizkaia …

Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, sie ist jedoch pragmatisch und konsequent. Gerne hätten wir ein Reisebuch über alle Provinzen des historischen Baskenlandes vorgelegt. Etwas in der Art und mit einem alternativen Charakter wäre dringend notwendig. Denn bislang folgt alles dem bekannten touristischen Hochglanz-Mainstream. Doch letztendlich haben wir eine realistische Entscheidung getroffen. Wir schreiben, was wir aus eigenem Erleben wissen, über die Orte, die wir kennen. Unser Standort ist Bilbao, Bizkaia kennen wir wie unsere Westentasche. Die umliegenden Gebiete und Provinzen kennen wir zwar auch, aber nicht in der Tiefe. Darüber zu schreiben – über Gipuzkoa, Araba, Navarra, Iparralde – wäre ein Überfliegerprojekt geworden. Das entspricht nicht unserer Philosophie. Im Gegenteil, so funktionieren die gängigen Reiseführer. Wir haben es vorgezogen, auf dem Teppich zu bleiben.

Zwei Autorinnen haben am neuen Reisebuch gearbeitet?

Ja, mit Unterstützung des Baskale-Kollektivs. Andrea Heuschmid und Klaus Armbruster sind zwei Gründungsmitglieder des baskisch-deutschen Kulturvereins. Beide kennen das Baskenland seit 30 Jahren und leben seit knapp 20 Jahren in Bizkaia. Sie haben die politische und touristische Entwicklung der letzten Dekaden in erster Person erlebt und waren gut geeignet, ein solches Reisebuch zu schreiben.

Wie erklärt sich die Notwendigkeit eines Reisebuchs zu Bilbao und Bizkaia? Gibt es bisher nichts auf dem Markt?

Doch natürlich! Aber alles im Stil von „Bilbao ist toll, da musst du hin, koste es was es wolle, Guggenheim, Kunststadt, Architekturstadt, Altstadt, …“. Hunderte von Medien haben diese Botschaft kopiert und wiederholt. Die Hälfte von dem, was sie publizieren, ist oberflächlich oder halbwahr. Die meisten Schreiberlinge haben keine Ahnung. Doch hat diese Medienkampagne ihre Folgen: in Bilbao erleben wir einen ungezügelten Massentourismus, zunehmend in ganz Bizkaia. Europäische Kulturhauptstadt San Sebastian hört sich gut an, die Folgen im Alltag der Bevölkerung sind fatal. In der Altstadt Bilbao sind die Mietpreise in einem Jahr um 25% gestiegen, weil nur noch an Tourist*innen vermietet wird. Das ist katastrophal. Eine direkte Folge des Massentourismus. In der Reiseliteratur interessiert das nicht. Wir sind die einzigen, die das zum Thema machen und dieses Tourismus-Modell in Frage stellen.

Was ist die Alternative?

Klar ist, dass wir den Massentourismus vorerst nicht stoppen können. Wir setzen dem Moloch unser Modell entgegen. Wenn das Schule macht, kann sich die Situation verändern. Wir thematisieren die Prekarität, unter der die große Mehrheit der im Tourismus Beschäftigten leidet. Bei den Stadtrundgängen, die Baskale anbietet, setzen wir das in die Praxis um: keine Gruppen mit mehr als sechs Personen, keine Belästigung für die Anwohner*innen. Wir sprechen von den Folgen des Massentourismus und der Gentrifizierung, die sich in Bilbao breit macht. Dabei ist der Kulturverein mit all jenen vernetzt, die unter dem Tourismus leiden und für sozial verträgliche Modelle eintreten. Tourismus muss ein Gleichgewicht darstellen zwischen denen, die reisen und jenen die besucht werden. Das sollten sich alle bewusst machen, bevor sie auf Reisen gehen. Optimal wäre, wenn die Personen, die im Tourismusbereich beschäftigt sind, bei ihrer Arbeit soviel verdienen, dass sie den Besuch erwidern können. Eigentlich eine schlichte und sinnige Feststellung. Doch davon sind wir meilenweit entfernt. Tourismus ist geprägt von Prekarität und Ausbeutung.

Ihr wollt Reisende zu einem alternativen Tourismus in Bilbao motivieren?

Wegen uns kommt niemand extra nach Bilbao. Mit unserem Reisebuch liefern wir Informationen, die sonst nicht einfach zu kriegen sind. Wir vermitteln die Geschichte des Spanienkriegs vor 80 Jahren, in dem die Nazis eine entscheidende Rolle gespielt haben. Wir weisen auf die Probleme hin, die der Massentourismus hervorruft und geben Tipps für ökologisches Reisen. Es gibt nicht viele Alternativen im Baskenland, aber es gibt sie.

Für die Herausgabe des Reisebuchs habt ihr ein digitales Format gewählt. Eine pragmatische Entscheidung? Oder setzt ihr auf die neuen Medien?

Erst hatten wir den Plan, ein Buch in Papierform zu publizieren. Doch das war für uns problematisch. Angefangen bei der Vorfinanzierung des Drucks. Baskale ist im Baskenland ansässig, das Buch ist aber für den deutschsprachigen Raum, der Vertrieb hätte auf jeden Fall von Deutschland aus gemacht werden müssen. Deshalb haben wir uns für das digitale Format entschieden, da sind wir unabhängiger. Bis auf das Design hatten wir keine weiteren Kosten, die Autor*innen haben vorläufig auf ein Honorar verzichtet, falls es nicht ein Bestseller wird. Für einen kleinen Verein wie Baskale ist dieses Konzept realistischer. Die Einnahmen aus dem Verkauf kommen der Vereinsarbeit zugute, die Kosten bleiben niedrig. Zur Werbung müssen wir noch eine Entscheidung treffen.

Ein Ebook kam nicht in Frage?

Das hätte eine professionelle Formatierung bedeutet, externe Arbeit, also eine Investition. Ebook ist eine Welt für sich, auch was den Vertrieb anbelangt. Wenn du mehrere Produkte vertreiben willst, kann sich der Aufwand lohnen, auch mit einer entsprechenden Bezahlfunktion. Aber für uns ist der Aufwand zu groß. Darauf haben wir verzichtet.

Was bietet der Inhalt des „Reisebuchs Bilbao-Bizkaia“?

Wir geben einen Überblick über die Geschichte des Baskenlandes, den Krieg von 1936 und seine bisherige Aufarbeitung im Baskenland bzw. in Spanien. Danach gehen wir ins lokale Detail, auch kleine Orte in Bizkaia kommen dabei zur Sprache. Abschließend ist von Fiestas, Sport, Ökologie, Gastronomie und Kultur die Rede. Ein Glossar erklärt baskische Persönlichkeiten und Institutionen und abschließend kommt eine Einführung in die baskische Sprache.

Mit interessanten Bildern?

Als Vierfarbdruck wären die 176 Seiten des Reisebuchs sicher noch illustrativer geworden, aber auch so geben unsere Abbildungen einen guten Eindruck vom Inhalt wieder. Wir haben das Glück, auf einen eigenen Fundus an Bildern zurückgreifen zu können. Praktisch 98% sind vom Foto-Archiv-Txeng (FAT), einer Gruppe von Fotograf*innen aus dem Umfeld des Kulturvereins. Fotolizenzen sind heutzutage ziemlich problematisch, dieses Problem hatten wir somit nicht. Besondere Handreichung ist die Verlinkung zwischen dem Inhaltsverzeichnis und den einzelnen Kapiteln, die Leserin kann von jeder Seite aus zum Verzeichnis springen und von dort zu einem anderen Kapitel, das lästige Scrollen durch so viele Seiten fällt weg.

Wie können sich Interessierte das Reisebuch beschaffen?

Das Reisebuch kann in Form einer PDF-Datei geordert werden über den Blog des Kulturvereins Baskale. Da ist ein Konto angegeben, nach Vorkasse versenden wir ein digitales Exemplar unseres Reisebuchs.

Als Herausgeber des Reisebuchs erscheint Baskale zusammen mit dem Arbeitskreis Regionalgeschichte in Neustadt, Niedersachsen.

Seit einigen Jahren arbeiten wir mit dem Arbeitskreis Regionalgeschichte Neustadt am Rübenberge zusammen – eine für beide Seiten fruchtbare Kooperation. In Wunstorf hat der Arbeitskreis die Geschichte der Kriegsverbrechen der nazideutschen Legion Condor wieder ausgegraben. Ohne diese Forschungsarbeit hätten wir weder unseren Dokumentarfilm noch die Ausstellung über die Beteiligung der Deutschen am sogenannten „Spanischen Bürgerkrieg“ erstellen können. Seit Jahren begleiten wir niedersächsische Gruppen auf ihren Wegen durch Gernika und Bilbao. Letztlich waren es Leute vom Arbeitskreis, die uns dazu motiviert haben, dieses Reisebuch zu schreiben.

Abschließend noch ein paar Worte zum Kulturverein Baskale, für all jene, die diese Initiative in Bilbo noch nicht kennen …

Baskale wurde 2010 gegründet von Bask*innen und Deutschen, die an der Aufarbeitung von Krieg und Faschismus beteiligt sind. Seither ist Baskale ein fester Bestandteil der baskischen Internationalismus-Bewegung geworden. Wir bieten historische und sozial verträgliche Stadtrundgänge an in Gernika und Bilbao. Auf Wunsch unserer Besucher*innen organisieren wir Begegnungen mit baskischen Organisationen und Vorträge zu baskischen Themen. Wir arbeiten an historischen Forschungsprojekten, zum Beispiel der Geschichte eines franquistischen Frauengefängnisses in Bilbao. Daneben haben wir eine Webseite mit mehr als 400 Artikeln zur Geschichte und Kultur des Baskenlandes in deutscher Sprache. Zu unseren Besucher*innen gehören Jugendverbände, politische Parteien, Gewerkschaften und Bildungswerke aus der Schweiz und Deutschland.

Im Namen von BASKINFO schönen Dank für das Interview und die Buchvorstellung!

Keine Ursache, schaut rein in unsere Medien!

Quelle: http://www.baskultur.info/aktuell/nachrichten/419-reisebuch-bizkaia

(*) Das Interview wurde geführt von einem Redaktionsmitglied von Baskinfo, das Original ist zu finden unter folgendem Link (baskinfo)

(*) Wer sich für den Kauf des Reisebuchs interessiert findet die notwendige Information im Blog des Kulturvereins Baskale unter folgendem Link (baskale)

Ein Interview mit dem Autoren Klaus Armbruster ist bei Radio Flora zu hören:

http://radioflora.de/podcast/reisebuch-ueber-bilbao-und-bizkaia-baskenland-interview-mit-dem-autoren-klaus-armbruster/

Das Interview ist vernetzt mit dem Sendeaustauschportal der freien Radios unter:

https://www.freie-radios.net/90477

Weitere Informationen:

http://www.baskultur.info/aktuell/nachrichten/419-reisebuch-bizkaia

https://ak-regionalgeschichte.de/reisebuch-bilbao-bizkaia/

Für 9,- € ist das Buch als pdf-Datei aus dem Internet herunterzuladen. Wie das funktioniert, ist hier zu erfahren:

http://baskale-elkarte.blogspot.com/2018/07/reisebuch-bilbao-bizkaia.html

Für die zukünftigen Reisen des Arbeitskreises Regionalgeschichte Neustadt nach Gernika wird das Buch eine wertvolle Hilfe sein.

Arbeitskreis Regionalgeschichte e.V.

Im Dorn 7, 31535 Neustadt. Tel.: 05032-61705 / Fax: 05032-1879

Mail: ak.reg@t-online.de

Web: www.ak-regionalgeschichte.de

Redaktion KFSR

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