Titelbild: Kämpfer der Spanischen Republik bei der Überquerung des Ebro Ende Juli 1938 | Foto: Komintern Archive
Das letzte Aufgebot
Vor 80 Jahren kämpfte die Spanische Republik in der Schlacht am Ebro verzweifelt um ihr Überleben. Und verlor. Von Werner Abel
Die Anspannung bei den Interbrigadisten war im Frühjahr 1938 besonders groß. In der Chronik des Etkar-André-Bataillons ist zu lesen: »Schwarze Wolken hängen über dem republikanischen Spanien, dunkel und ungewiss scheint das Schicksal seines Heeres. Unter dem plötzlichen Anprall der riesigen Materialüberlegenheit der Faschisten zerreißen Fronten, zerbrechen Heereseinheiten, lösen Formationen sich in Atome auf. In der Mitte des Monats erreichen die Faschisten bei Vinaròs das Mittelmeer. Die Spanische Republik ist in zwei Teile zerrissen. Scheint nicht angesichts dieser furchtbaren Rückschläge jeder weitere Widerstand aussichtslos, die Hoffnung auf eine Umkehr Wahnwitz?
Auch das Bataillon Etkar André hat unter den Schlägen der Aragón-Front schwer gelitten. Was sich auf der nördlichen Seite des Ebro sammelt, sind schwache Reste. Der größte Teil seiner Mitkämpfer ist tot oder verwundet dem Gegner in die Hände gefallen. Die Übriggebliebenen sind körperlich am Ende ihrer Kraft. Die seelische Verfassung scheint womöglich noch tiefer gesunken. Aus diesen Überbleibseln eine neue Armee schaffen? Ein großer Glaube gehört dazu.«
In schwieriger Lage
Die Republik befand sich in einer katastrophalen Lage. Gerüchte machten die Runde, dass die ausländischen Kämpfer aus Spanien abgezogen würden. Es kamen ohnehin kaum noch Freiwillige zur Unterstützung der Republik, die Brigaden setzten sich bereits zu bis zu 80 Prozent aus Spaniern zusammen. André Marty, Vorsitzender der Militärpolitischen Kommission der Interbrigaden, dementierte die Gerüchte, wohl wissend, dass sie ein Fünkchen Wahrheit enthielten. Der Ministerpräsident der Republik, Juan Negrín, bot in Gesprächen mit Vertretern des Völkerbundes und des im September 1936 von 27 Staaten gebildeten Nichteinmischungskomitees an, die Internationalen abzuziehen. Er verband damit die Hoffnung, dass auch Deutschland, Italien und Portugal gezwungen würden, ihre als »Freiwillige« getarnten Truppen aus Spanien zu demobilisieren. Die britische Regierung, die eher mit den antirepublikanischen Putschisten sympathisierte, gab dem listigen Franco die Gelegenheit, auf den Vorschlag einzugehen, die Ausländer von den Fronten abzuziehen. Das sollte sich, so das groteske Angebot, auf beiden Seiten auf 10.000 Ausländer beziehen. Da in der zweiten Hälfte 1938 auf der republikanischen Seite nur noch zwischen 7.000 und 8.000 Internationale im Einsatz waren, hätte das bedeutet, dass auf seiten der Putschisten fast sechs- bis siebenmal so viele Ausländer hätten weiterkämpfen dürfen.
Negrín ging davon aus, dass es nicht im Interesse Frankreichs liegen könne, dass bei einem Sieg der Putschisten deutsche und italienische Truppen an der französischen Grenze stünden. Aber auch hier gelang es Franco, Engländer und Franzosen mit dem Vertrag zu beruhigen, der besagte, dass an der französischen Grenze ein 150 Kilometer breiter Streifen bestehen solle, der von Soldaten beider faschistischer Staaten nicht betreten werden dürfe. Außerdem signalisierte der Caudillo für den Kriegsfall die Neutralität Spaniens. Infolge der tschechoslowakischen und österreichischen Krise – Tschechien drohte die Besetzung und Österreich der »Anschluss« – stand Spanien ohnehin nicht mehr so sehr im Fokus des weltpolitischen Interesses. Die Sowjetunion hielt sich noch an die Vereinbarungen über die Waffenlieferungen an die Republik, doch der Transport wurde durch die deutsche und italienische Blockade komplizierter. Frankreich hatte noch eine letzte große sowjetische Lieferung für die spanische Republik aufgenommen, dann aber im entscheidenden Augenblick die Grenze geschlossen. Die vom republikanischen Heer dringend gebrauchten Waffen blieben unausgepackt in Frankreich liegen.
In der republikanischen Regierung Spaniens herrschten derweil schwere Unstimmigkeiten, wie angesichts der bedrohlichen Situation zu verfahren sei. Negrín bildete, unterstützt von der Kommunistischen Partei, die keinesfalls vor Franco kapitulieren wollte, die Regierung um. Er ging davon aus, die aggressive Politik Nazideutschlands werde unweigerlich zum Krieg führen, weshalb die bürgerlichen Demokratien die Republik als ihren natürlichen Verbündeten unterstützen würden. Die Appeasementpolitik Englands und Frankreichs sowie das im September 1938 zwischen Deutschland, Italien, England und Frankreich abgeschlossene Münchner Abkommen, das zur Zerschlagung der Tschechoslowakischen Republik führte, machten die Hoffnung Negríns indes zunichte.
Noch nicht am Ende
Der Verlust des Aragón nach den Kämpfen um die Provinzstadt Teruel zwischen Ende 1937 und Anfang 1938 und schließlich der Vorstoß der Franquisten bis nach Vinaròs am Mittelmeer, der drohte, das industrialisierte Katalonien vom Rest der Republik – im Zentrum und im Westen Spaniens gelegen – abzutrennen, verlangte eine entscheidende militärische Offensive der Republikaner. Der Welt sollte bewiesen werden, dass der Kampf zwischen Demokratie und Reaktion in Spanien noch nicht entschieden war und die Republik noch über ausreichend Potential verfügte, diesen Kampf zu ihren Gunsten zu entscheiden. In der Tat gebot sie noch immer über zahlreiche waffenfähige Männer. Infolge der Reorganisation der Streitkräfte und durch zusätzliche Einberufungen konnte die Spanische Volksarmee mit circa 800.000 Soldaten rechnen.
Aus der Chronik des Etkar-André-Bataillons: »Die Grenzen der Republik sind durch die Politik der ›Nicht-Intervention‹ gesperrt. Das Land ist vom Notwendigsten entblößt. Die im Lande nicht vorhandenen Kriegsmittel können nur auf Umwegen und sukzessive hereingebracht werden. Das erschwert und verlängert die Vorbereitungen für eine Offensive. (…) Unsere Monturen sind zerschlissen, durch Hosen und Ärmel pfeift bei vielen der Wind. Noch schlimmer steht es um unser Schuhwerk. Nach dem ersten Marschtage haben bei der 1. Kompanie unseres Bataillons von 90 Mann 54 zerrissene oder durchgelaufene Schuhe oder spanische Sandalen. An notwendigsten militärischen Ausrüstungsgegenständen mangelt es. Mancher Soldat ist erst durch einen toten Faschisten zu Koppelzeug und Patronentaschen gekommen. Eiserne Rationen für die ersten Tage nach dem Übergang kann man uns nicht geben, weil keine vorhanden sind. (…) Alles, was fehlt, soll noch kommen, aber jetzt ist es nicht da. Die Hilferufe aus der Levante werden aber nunmehr so dringend, die Gefahr eines Zusammenbruchs der Front vor Valencia wächst so riesengroß heran, dass das Oberkommando der Armee in Katalonien Mitte des Monats Juli den Befehl zum Übergang über den Ebro erteilte.«
Franco hatte für die Einnahme von Valencia den 25. Juli 1938 vorgesehen. Dorthin war die republikanische Regierung aus dem belagerten Madrid ausgewichen, doch die Bedrohung auch dieser provisorischen Hauptstadt zwang zu einer Verlegung der Ministerien und der Armeeführung nach Barcelona. Bereits im April hatte der Chef des republikanischen Generalstabs, Generals Vicente Rojo Lluch, einen Operationsplan ausgearbeitet, der nunmehr von Negrín gebilligt worden war und der einen Vorstoß auf das westliche Ufer des Ebro und die Vernichtung der Franco-Truppen auf dieser Seite vorsah. Um Valencia zu entlasten und die Gefahr des Angriffs auf Katalonien zu bannen, sollte von Norden nach Süden eine etwa 60 Kilometer lange Front zwischen den Städten Mequinenza (Provinz Zaragoza) und Amposta (Provinz Tarragona) errichtet werden. Für die ehrgeizige Operation standen mit der rasch gebildeten, unter dem Befehl von Juan Guilloto León (besser bekannt als »Modesto«) stehenden Ebro-Armee etwa 100.000 Kämpfer unter Waffen. Ihr gehörten u. a. das von Manuel Tagüeña geführte XV. Armeekorps mit der von Pedro Mateo Merino befehligten 35. Internationalen Division an, die aus der XI., der XIII. und der XV. Internationalen Brigade bestand, das von Enrique Líster kommandierte V. Armeekorps, das von drei Divisionen, darunter die von Hans Kahle geführte 45. Internationale Division mit der XII., der XIV. und der 129. Internationalen Brigade gebildet wurde, sowie das sich ebenfalls aus drei Divisionen zusammensetzende XII. Armeekorps unter dem Kommando von Etelvino Vega. Außerdem standen der Ebro-Armee Einheiten aus den drei Divisionen des XVIII. Armeekorps des legendären ehemaligen Milizkommandeurs und nunmehrigen Oberstleutnants der Volksarmee José del Barrio zur Verfügung.
Zum Ebro
Aus der Chronik des Etkar-André-Bataillons: »In der Nacht vom 20. zum 21. Juli wird das Bataillon unerwartet alarmiert. Wir nehmen Abschied von unserem Lager in Falset, das uns sieben Wochen beherbergte, und marschieren die ganze Nacht und am Tage unter brennender Julisonne nach Norden. (…) In der folgenden Nacht geht es weiter in ein Seitental vor Torre del Español. Wir bleiben hier noch den folgenden Tag. Ehe man es uns sagt, wissen wir, worum es geht: Ebro-Übergang. Ein Brigadebefehl um 10 Uhr fordert alle Kameraden an, die Schiffer gewesen sind. Am Nachmittag des 23.7. finden in den Kompanien Politstunden statt. Die Kommissare weisen auf die Größe und Wichtigkeit unseres Unternehmens hin. Unsere Stimmung ist gefasst und entschlossen. Wir wissen, worum es geht. Jeder Einzelne bereitet sich innerlich und äußerlich auf den schweren Gang vor.«
Der Übergang über den Ebro an verschiedenen Stellen war auf den 25. Juli festgelegt worden. Jetzt war auch dem letzten Soldaten klar, weshalb in den letzten Wochen so viel Wert auf Schwimmunterricht gelegt worden war. Geübt wurde das Bedienen kleiner Barkassen, Pioniere trainierten die Montage von Pontonbrücken. Stimmung und Moral, so überliefern es alle Berichte, waren gut. Die Interbrigadisten waren von dem Bewusstsein bestimmt, dass sie noch gebraucht würden.
Die Einheiten bekamen Order, in der Nacht vom 24. zum 25. Juli, pünktlich um 0.15 Uhr mit dem Angriff zu beginnen. Die Franquisten waren zwar alarmiert und hatten ihre Mannschaftsbestände verstärkt, nahmen aber die Truppenkonzentrationen am anderen Ufer nicht allzu ernst. Schon vor dem eigentlichen Angriff sollte die XIV. Internationale Brigade mit Ablenkungsmanöver im Ebrodelta die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Allerdings hatten die Franquisten auch hier zwischen Amposta und Sant Jaume d’Enveja zusätzliche Einheiten konzentriert. Der Angriff, geplant in El Perelló, wo sich der Stab der 45. Division mit ihrem Kommandeur Hans Kahle befand, sah vor, dass die XIV. Brigade bei Font de Quinto den Ebro überquert, auf Santa Barbara vorstößt und die dortige Eisenbahnlinie unterbricht. Damit wären Truppenbewegungen der Franquisten empfindlich behindert worden. Allerdings tat sich schon zu Beginn ein schwerwiegendes Hindernis auf: Der Ebro wurde auf beiden Seiten, jeweils circa 200 Meter vom Ufer entfernt, von fünf Meter breiten Bewässerungskanälen gesäumt. Der rechte war von den Franquisten geflutet worden, so dass sich nach dem Ebro ein zweites Hindernis auftat. Einsetzendes Artilleriefeuer zerstörte viele der Barkassen, so dass sich drei der vier Bataillone der Brigade unter Verlusten zurückziehen mussten. Nur dem Bataillon »Commune de Paris« gelang es, bei Campredo einen 400 Meter breiten Brückenkopf zu erobern. Der Bataillonskommandeur Rene Cazala, ein algerischer Kommunist, wurde so schwer verwundet, dass er sich das Leben nahm. Das Kommando übernahm Henri Tanguy, Kommunist und Metallarbeiter aus Paris. Fünf Jahre später war er unter dem Namen »Rol« Führer der Résistance in Paris. Mit diesem Namen ehrte er Theo Rol, einen jungen Freiwilligen aus Épinay-sur-Seine, der bei den letzten Kämpfen in der Sierra de Cavalls gefallen war.
Die Verluste der XIV. Brigade waren mit 740 Toten und Vermissten bei einer Gesamtstärke von 2.950 Kämpfern enorm, aber es war gelungen, die Aufmerksamkeit der Franquisten von den als entscheidend angesehenen republikanischen Operationen im Ebrobogen abzulenken.
Überraschte Franquisten
Aus der Chronik des Etkar-André-Bataillons: »Gemäß Divisions- und Brigade-Befehl gehen die Bataillone ›Hans Beimler‹ und ›12. Februar‹ der XI. Brigade als erste über den Strom. Dann haben wir, die André-Leute, zu folgen. Im Dunkel einer mondlosen Nacht schiebt sich die Brigade lautlos, Mann hinter Mann, zur Übergangsstelle hinunter. Durch die Stille tönt vereinzeltes Gewehr- und Maschinengewehrfeuer. Gegen 3 Uhr schwillt es an, dann wird es wieder ruhig, nur aus dem Süden, aus der Richtung Mora de Ebro erschallt Artilleriefeuer. Der Himmel beginnt schon hell zu werden, als unser Bataillon an der Reihe zum Überqueren des Flusses ist. Die faschistische Batterie auf den Höhen hinter Asco nimmt ihr Feuer auf, und die ersten Granaten fauchen gegen das Flussufer heran. Zu weit! Um 7.30 Uhr besteigen die Ersten vom André-Bataillon die kleinen Nussschalen, herangeholt aus den Parks und Weihern von Barcelona, und die jetzt an Stelle verliebter Pärchen Soldaten der Freiheit über den grünen Strom tragen.«
General Rojos Plan sah vor, mittels verschiedener Angriffe im Ebrobogen auf der franquistischen Seite Brückenköpfe zu schaffen und sofort auf Gandesa vorzustoßen. Diese kleine Stadt mit rund 3.400 Einwohnern war von strategischer Bedeutung, konnte aber von den Republikanern, die bis zum Friedhof der Stadt vorgedrungen waren, nicht genommen werden. Zuvor hatten die Republikaner jedoch den Ebro an 16 Stellen überschritten und einen Raum von etwa 800 Quadratkilometern unter ihre Kontrolle gebracht. Die Franquisten waren vielerorts überrascht worden und reagierten unorganisiert. Infolgedessen eroberten die Republikaner größere Mengen an Waffen und konnten eine erhebliche Anzahl von Gegnern gefangennehmen. Neben Gandesa fanden die blutigsten Gefechte um die Ortschaften Miravet, Corbera d’Ebre, El Pinell de Brai, La Pobla de Massaluca, Ascó, Riba-roja d’Ebre, Benifallet, La Fatarella, Flix (Tarragona) und Móra d’Ebre statt. Auf felsigem und bergigem Gelände, das kaum Möglichkeiten bot, sich einzugraben, um sich vor den feindlichen Kugeln zu schützen, wurde mit einer Verbissenheit und immer wieder mit Frontalangriffen gekämpft, die beiden Seiten, vor allem aber den Republikanern, gewaltige Verluste brachten. Erstaunlich aber sind der Optimismus und die Siegeszuversicht der ersten Tage, die sich den Chroniken und Tagebüchern der Internationalen Brigaden entnehmen lassen.
Aus dem Tagebuch des Hans-Beimler-Bataillons: »26.7. Das Bataillon setzt seinen Vormarsch fort, und es kommt eine sehr große Begeisterung unter den Soldaten auf, die eine sehr hohe Moral zeigen. Als man sah, dass der Feind floh, rief das ganze Bataillon ›Adelante‹. Eine interessante Tatsache ist: Als die 3. und 4. Kompanie einige Höhen angriff, eroberten die Soldaten mit ihren Kommissaren unter dem Ruf ›Aktivisten Negríns!‹ die feindlichen Positionen, wobei sie zahlreiche Gewehre und Handgranaten eroberten und ein Dutzend Faschisten töteten. Nach der Säuberung dieser Position rückte das Bataillon weiter gegen La Fatarella vor, wo es gegen 14 Uhr eintraf, ohne feindliche Streitkräfte vorzufinden. Obwohl unsere Soldaten sehr ermüdet waren, war ihr Wunsch trotzdem den Vormarsch fortzusetzen. Aber der Befehl lautete, nicht über diesen Ort vorzustoßen. Bis 23 Uhr blieben wir in dem Ort, in welchem der Kam. Hans Queck, unser Maler, sich der Aufgabe widmete, faschistische Parolen an den Häusern in unsere umzuwandeln.«
Die Offensive stockt
Vor Gandesa stockt der Angriff, und was dazu im »Tagebuch« nachgelesen werden kann, ist typisch für die folgende Zeit: »29.7. Wir befinden uns in der gleichen Position. Der Feind hat seine automatischen Waffen gut plaziert, was uns jede Art von Bewegung unmöglich macht. Dieser Tag ging fast ohne jede Bewegung ab. Wir führen aber die politische Arbeit weiter.«
Die politische Arbeit wurde sehr ernst genommen, denn die Tatsache, dass der Angriff ins Stocken geraten war, schwächte die Moral. Nicht so sehr die der Interbrigadisten, die nach fast zwei Jahren der Teilnahme an den verschiedenen Schlachten schon erfahrene Kämpfer geworden waren. Das Problem waren die unerfahrenen und in der Regel unpolitischen jungen spanischen Rekruten, die »Quinta del Biberón«, die »Milchbuben«. Viele von ihnen kamen ums Leben. Andere zeichneten sich aus, wie der 17jährige Rubén Ruiz Ibárruri, Sohn der legendären Pasionaria, der als Kundschafter auf der anderen Seite des Ebro die Landungsmöglichkeiten sondierte. 1942 fiel er als Major der Roten Armee in Stalingrad.
Das weit größere Problem der Operation mit ihren anfänglichen Erfolgen bestand im Nachschub über den Ebro und dessen seitliche Kanäle. Franco, der geplant hatte, am 25. Juli in Valencia einzuziehen, war wütend über die Anfangserfolge der Republikaner und warf alle verfügbaren Truppen an die Ebro-Front. Diese erreichten mit Gewaltmärschen die Frontlinie und brachten den Vormarsch der Republikaner zum Stehen. Deren Nachschub, jeder Mann, jeder Panzer, jede Patrone, musste über den Ebro gebracht werden. Aber die Übergänge, die Brücken und Pontons, wurden von der Legion Condor, den italienischen Fliegern und der franquistischen Brigada Aérea Hispana, die zusammen über 143 Bomber und 100 Jagdflugzeuge verfügte, unablässig bombardiert und immer wieder zerstört. Die republikanischen Pioniere standen vor einem schier unlösbaren Problem. Trotzdem wurden die Übergänge immer wieder aufgebaut. Die republikanische Luftwaffe griff erst am 31. Juli in den Kampf ein und bombardierte Gandesa. In der Folge kam es zu den heftigsten Luftkämpfen in der Geschichte des Spanischen Krieges, bei denen am 13. August der größte Teil der zahlenmäßig ohnehin weit unterlegenen republikanischen Luftwaffe vernichtet wurde.
Francos Reaktion
Damit nicht genug: Am 26. Juli befahl Franco, die Schleusen der Staudämme bei Tremp und Camsara zu öffnen. Eine zwei Meter hohe Flutwelle ergoss sich ins Flussbett und riss die Pontonbrücken weg. Extrem gefährdet war auch die einzige Eisenbrücke bei Flix, über die jene 22 zur Verfügung stehenden sowjetischen T-26-Panzer gebracht werden konnten. Verheerend war am 18. August die erneute Öffnung der Dämme am Segre, die den Ebro um dreieinhalb Meter ansteigen ließ, wodurch die Brücken bei Flix, Móra de’Ebre und Ginestar zerstört wurden. Trotz des Trommelfeuers und der sengenden Hitze, trotz des stockenden Nachschubs an Munition und Essen, trotz der fehlenden Lastkraftwagen, die ihre Mobilität gesichert hätten, und trotz der riesigen Verluste, die die Internationalen Brigaden und unter ihnen vor allem die Kämpfer der XI. Brigade hinnehmen mussten, war der Kampfgeist der Interbrigadisten fast ungebrochen. Das soll eine kleine, aber zutreffende Episode illustrieren, die in der deutschen Ausgabe des Voluntario de la Libertad, die Zeitung aller Interbrigaden, am 21.9.1938 veröffentlicht wurde: »In unserer letzten Stellung riefen die Faschisten zu uns herüber: ›Rote, ihr habt keine Brücken mehr, ihr seid verloren.‹ Von unseren Kameraden bekamen sie folgende schlagfertige Antwort: ›Warum Brücken? Um nach Gandesa vorzugehen und es wieder zu erobern, brauchen wir doch keine Brücken!‹ Die Antwort der Faschisten war Schweigen.«
Aber Gandesa konnte nicht wieder eingenommen werden. Die Stellungen in der Sierra de Cavalls und der Sierra de Pàndols mussten ebenso aufgegeben werden wie die Ortschaften in Richtung des Flussufers. 300 Geschütze und die faschistische Luftwaffe hatten die republikanischen Stellungen regelrecht umgepflügt. Verstärkt um acht Divisionen mit 100 Panzern und 500 Flugzeugen gelang es den Franquisten, einen Keil zwischen das republikanische V. und XV. Armeekorps zu treiben, und der inzwischen zum Oberst beförderte Juan Modesto musste mit der 35. Division seine letzte Reserve in den Kampf werfen. Die Überlegenheit der Faschisten an Menschen und Material konnte aber auch damit nicht neutralisiert werden. Es war Enrique Líster zu verdanken, dass der republikanische Rückzug einigermaßen geordnet vor sich ging. In den Morgenstunden des 16. November verließen einige an der Front gebliebene Angehörige der XIII. Internationalen Brigade das rechte Ebroufer über die Brücke von Flix. Wenige Minuten später ließ Manuel Tagüeña, Kommandeur des V. Armeekorps, die Brücke sprengen. Damit war der Rückzug abgeschlossen, und die Republikaner standen wieder dort, wo sie in der Nacht des 24. Juli so hoffnungsvoll begonnen hatten. Sie hatten ca. 20.000 Tote zu beklagen, dazu kamen etwa 50.000 Verwundete und Vermisste. Palmiro Togliatti, der sich im Auftrag der Komintern in Spanien aufhielt, schrieb nach Moskau, dass durch Entlastungsoffensiven an der Zentrumsfront der Druck auf die Ebro-Armee hätte gemindert werden können und sprach von Sabotage durch General José Miaja und dessen Offiziere. Andere ausländische Beobachter meinten, um den ungeheuren Blutzoll zu vermeiden, hätte der Rückzug eher erfolgen müssen. Aber Negrín hätte den Sieg gebraucht, um außenpolitisch eine bessere Position zu haben. Die republikanischen Soldaten kämpften heldenhaft, aber die Niederlage am Ebro war so katastrophal, dass sich die Republik davon nicht mehr erholen sollte. Franco, der jeden Waffenstillstand und Kompromissfrieden ablehnte, konnte nun auch damit beginnen, das republikanische Katalonien zu erobern.
Anmerkungen:
Die Chronik des Etkar-André-Bataillons und das Tagebuch des Hans-Beimler-Bataillons befinden sich im Bestand »Internationale Brigaden« des Kominternarchivs in Moskau (Russisches Staatsarchiv für sozio-politische Geschichte, RGASPI).
Werner Abel schrieb an dieser Stelle [in der jungen Welt – d. Red.] zuletzt am 13. März über deutsche Interbrigadisten in Spanien, die im März 1938 zur Einheit der Arbeiterbewegung im Kampf gegen den Faschismus aufriefen.
Aus: „junge Welt“, Ausgabe vom 24.07.2018, Seite 12 / Thema.