Gedenken an Dabrowskis in Warschau
Liebe Freunde,
ich sende Ihnen Informationen über das Gedenken an Dabrowskis in Warschau, Polen.
Am 8. Oktober im Rahmen der 9. Auflage des Festivals Warschau im Aufbau, organisiert vom Museum für Zeitgenössische Kunst in Warschau, habe ich eine Kunstaktion zum Gedenken an die Internationalen Brigaden im öffentlichen Raum in Warschau, Polen, veranstaltet.
Meine Kunstaktion mit dem Namen „Nomadisches Gedächtnis“, die Teil meiner visuellen Aktivismuspraktiken ist, umfasst die Erforschung des Ortes, die Gestaltung einer Gedenktafel zur Erinnerung an die XIII. Internationale Brigade aus Polen, ihre Platzierung im öffentlichen Raum und die Organisation einer Veranstaltung im Rahmen ihrer Enthüllung.
Ich lud zwei Künstlerfreunde (um die Nachbildungen der Banner der Dabrowskis, die ich gemacht habe, zu tragen) und den Warschauer Revolutionschor „Warszawianka“ ein, der während der Veranstaltung auftrat. Ich bereitete einen dreifarbigen Blumenkranz vor, dessen Blumen zum Symbol der Fahne der Internationalen Brigaden zusammengesetzt waren.
In einem Statement erklärte ich nicht nur meine Gründe für diese Kunstaktion, sondern auch die Wahl und die Geschichte des Ortes, an dem ich die Gedenktafel anbrachte.
Heute schreibt Polen seine Geschichte neu, eine wird getilgt und durch eine andere ersetzt. Meine Handlung ist eine Geste des Überschreibens / Hinzufügens. Das Ziel ist, die Beziehung zu verändern, den politischen Raum neu zu verteilen.
In der Zeit zwischen den Kriegen gab es auf diesem Platz ein Gebäude. Als ein Element der Architektur war es Träger einer Erinnerung. Als nach dem Zweiten Weltkrieg keine Spuren des alten Stadtgeflechts mehr vorhanden waren, wurde versucht, diesen Mangel durch einen Stein mit einer Gedenktafel zu beseitigen. Er erinnerte an das Gebäude und an die Tatsache, dass 1918 in seinen Mauern die Kommunistische Partei Polens gegründet worden war. Bis heute können wir im Gemeinderegister über den Stein nachlesen, der sich an der Straßenecke befindet, die nicht mehr existiert. Heutzutage ist es die Ecke vom Defilad Platz (Hauptplatz im Zentrum von Warschau). Einen Tag nach 1989 war diese Gedenktafel, die vermutlich Ende der 40er am Ende des 20. Jahrhunderts angebracht worden war, entfernt worden.
Jahrelang konnte man an dem Stein die Spuren der alten Gedenktafel sehen. Er wurde ein Denkmal für den Mangel an Erinnerung, ein Denkmal der Tilgung. Dieser Mangel war ein Stigma.
Das Ziel von Denkmälern ist es zu gedenken, im sozialen Diskurs zu funktionieren.
Durch diese Aktion möchte ich die Erinnerung wachrütteln. Ich versuche auch, die Politik der neuen, falschen historischen Erzählung, der Politik ohne Erinnerung, zu stoppen.
Heutzutage wird die Erinnerung an antifaschistische Bewegungen in Polen vom kollektiven Gedächtnis ausgeschlossen. Im Rahmen des Entkommunisierungsprozesses werden nicht nur Dąbrowskis aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein verdrängt, sondern auch Menschen wie Lewartowski, der der Führer des antifaschistischen Blocks im Warschauer Ghetto war, wo er auch getötet wurde.
Ich möchte diejenigen einbeziehen und ihrer gedenken, die ähnliche Ziele hatten. Das Denkmal, aus dem Wort „Erinnerung“, dient als Erinnerung, bedeutet erinnern. Die neue Tafel auf dem Stein zum Gedenken an die Mitglieder der XIII. Internationalen Brigade aus Polen ist nicht nur ein Tribut an Dabrowskis. Die Gedenktafel soll auch auch eine Warnung sein ! Faschistische und fremdenfeindliche Einstellungen werden heute wiederbelebt.
! No Pasaran! Es war ein Leitspruch, der den Faschismus in Europa nicht akzeptierte. Die Mitglieder der Internationalen Brigaden waren bereit, für die soziale Gleichheit aller zu sterben.
Es ist auch eine zeitgenössische Botschaft: Erinnern wir uns an den politischen Idealismus, den diejenigen vertraten, die nach Spanien gegangen sind, um gegen den Militärputsch von General Franco zu kämpfen. Sie gingen, um zu kämpfen „für ihre Freiheit und unsere“. Das bedeutet nicht nur den Kampf für Freiheit als Unabhängigkeit, sondern auch als Emanzipation, soziale Gleichheit, für die Rechte von Frauen, Minderheiten und Arbeiter. „Für Deine Freiheit und Unsere“ bedeutet, andere Menschen und unser eigenes Recht zu verteidigen, anders zu sein. Jeder ist anders aus der Sicht des anderen. Dies ist ein schönes Beispiel für soziale Solidarität, die wir heute so vermissen.
In Spanien kämpften von 1936 bis 1939 Freiwillige der Internationalen Brigaden für die Verteidigung der demokratisch gewählten Regierung. Es war ein Kampf gegen die Diktatur, die bis 1975 regierte.
Mehr als eine historische Erzählung und Umsetzung von unterschiedlichem Gedächtnissen im öffentlichen Raum und deren Diskurs wirken stets antitotalitär.
Diese Aktion ist die erste ständige Ehrung der Internationalen Brigaden in Polen nach 1989.
Ich möchte mit Ihnen die Foto-Dokumentation von dieser Veranstaltung teilen.
Freundliche Grüße,
Zuza Ziółkowska / Hercberg
Übersetzung: Herbert Grießig.
Dear friends,
I am sending to you information about commemoration of Dabrowskis in Warsaw, Poland.
As an attachment to this email some photos from my art action.
On the 8 of October in frame of 9th Edition Of The Warsaw Under Construction Festival organized by Museum of Contemporary Art in Warsaw I made an art action to commemorate International Brigades in public space in Warsaw, Poland.
My art work – entitled Nomadic memory – which is part of my visual activism practices involved: research of the place, designing a plaque commemorating XIII International Brigade from Poland, placing it in the public space and organizing a performance/event accompanying its unveiling.
I invited two artists friends (to carry the replicas of the banners of the Dabrowskis which I have made) and the „Warszawianka” Warsaw Revolutionary Choir to sing during the event. I prepared a tricolor flower wreath, the flowers of which were composed into the symbol of the flag of the International Brigades.
I read my statement in which I explained not only my reasons of doing this artivist action, but also the choice and history of the place where I decided to place a commemorative plaque.
Today Poland is rewriting memory/history, one is erased and replaced by the other one. My action is a gesture of overwriting/adding. The aim is to change relation, to redistribute the political space.
In the interwar period at that place there was a building. As an element of architecture it was carrier of a memory.
When, after the Second World War, there were no more traces of the old city tissue, this lack was tried to be filled in by putting there a stone with a commemoration plaque. It was reminding the building, and the fact, that in its walls in 1918 Communist Party of Poland was proclaimed. Till today in the municipal register we can read about the stone that is located at the corner of the streets that no longer exist. Nowadays it is the corner of Defilad Squere (main squere in the center of Warsaw). The memory plaque, which was placed there probably at the end of 40ties of 20th century, was removed one day after 1989.
For years one could see on the stone a trace of the old plaque. It became a monument to the lack of memory, a memorial of erasure. This lack was a sign.
The aim of monuments is to commemorate, to function in the social discourse.
By this action I want to mobilize the memory. I also try to stop the policy of new, false historical narration, the policy of no memory.
This days the memory about anti-fascists movements is excluded in Poland from collective memory. As part of the de-communization process, not only Dąbrowskis are wiped from social awareness, but also people like Lewartowski, who was the leader of the Anti-Fascist Block in the Warsaw Ghetto, where he was killed.
I want to include and commemorate those who had similar aims.
The memorial, from the word “memory”, serving as a reminder, means remember. The new plaque on the stone commemorating members of XIII International Brigade from Poland, is not only a tribute to Dabrowskis. Memorial is also a warning! Fascist and xenophobic attitudes are reviving today.
!No pasaran! It was a motto expressing no acceptance for fascism in Europe. The members of International Brigades were ready to die for social equality for everyone.
It is also a contemporary message: let’s remember about political idealism represented by those who went to Spain to fight against the military coup of General Franco. They went to fight “For Your Freedom and Ours”. It means not only the fight for freedom as independence, but also as emancipation, social equality, the rights of women, minorities and workers. “For Your Freedom and Ours” means defending other people and our own right to be different. Everybody is different from a point of view of somebody else. This is a beautiful example of social solidarity, that we miss so much today.
In Spain, in 1936 -1939 International Brigades Volunteers fought to defend democratically elected government. It was a fight against dictatorship which ruled untill 1975.
More than one historical narration and implementation of different memory in the public space and discourse always works to anti-totalitarianism.
This action is the first permanent commemoration of the International Brigades in Poland after 1989.
So I would like to share with you foto documentation from this event.
Best regards,
Zuza Ziółkowska / Hercberg