Franco vor Gericht
Am Wochenende fand in Berlin das internationale Jahrestreffen des deutschen Spanienkämpfervereins KFSR statt
Von Peter Rau
Erben einer großen internationalen Bewegung: Ehrung der Spanienkämpfer am Mahnmal in Berlin Friedrichshain am Wochenende
Foto: Gabriele Senft
Zum Schluss wurde die Internationale gesungen. Am Sonntag nachmittag endete das dreitägige Jahrestreffen des Vereins »Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936–1939« (KFSR) mit einer Ehrung an der Gedenkstätte der deutschen Interbrigadisten im Berliner Volkspark Friedrichshain.
Zuvor hatten u. a. Rien Dijkstra von der niederländischen Partnerorganisation »Stichting Spanje« und Kerstin Hommel vom gastgebenden KFSR sowie die gerade erst wiedergewählte Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Gesine Lötzsch das Wort ergriffen. Wie Dijkstra dabei betonte, war der Kriegin Spanien keine isoliertes Ereignis, sondern muss in einem viel größeren Zusammenhang gesehen werden: Revolution und Konterrevolution waren Folgen einer großen, internationalen Bewegung für demokratische Rechte, für Gleichheit und sozialen Fortschritt. »Wir haben eine gemeinsame Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.« Daran erinnerte auch Gesine Lötzsch, die seit vielen Jahren mit dem Spanienkämpferverein eng verbunden ist und selbst wiederholt mit jungen Leuten Stätten des antifaschistischen Kampfes – nicht zuletzt auf der Iberischen Halbinsel – besucht hat.
Das Jahrestreffen, das unter dem etwas kryptischen Titel »Aktualität Spanienkrieg und Franco-Diktatur – Kontroverse bis heute. Europäische Erinnerungskultur – unser Beitrag« stattfand, war am Freitag abend mit der sehenswerten Fotoausstellung »Camaradas – Österreicher im Spanischen Bürgerkrieg« im Haus der Demokratie und Menschenrechte eröffnet worden. Dort erfolgte auch die Präsentation eines gleichnamigen Buches von Georg Pichler und Heimo Halbrainer, erschienen in diesem Jahr im Grazer Clio-Verlag. Anwesend waren auch Andreas Somogyi, Geschäftsträger a. i. der Österreichischen Botschaft in der BRD und Vertreter des Grazer Vereins »Prenninger Gespräche«, der sich zur Aufgabe gemacht hat, an widerständige Künstler und Intellektuelle aus der Zwischenkriegszeit zu erinnern.
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Während die Fotos aus dem Bestand des Spanien-Archivs und des Fotoarchivs des DÖW, des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, stammen und noch bis 6. November im Haus der Demokratie und Menschenrechte zu sehen sein werden, versammelt das Buch die Ergebnisse eines internationalen Symposiums, das vor einem Jahr zum 80. Jahrestag der Gründung der Internationalen Brigaden in Graz abgehalten wurde.
Eine Uraufführung der besonderen Art erlebte im Anschluss daran der Dokumentarfilm »Franco vor Gericht: Das spanische Nürnberg?« der Grimme-Preisträger Lucia Palacios und Dietmar Post. Die beiden Filmemacher, die vor Jahresfrist bereits mit der Dokumentation »Die Siedler Francos« auf sich aufmerksam machen konnten, brachten ihren neuen Film, der vermutlich in Februar auf Arte zu sehen sein wird, im Rohschnitt mit. Darin geht es zum einen um den mehr als zögerlichen Umgang der spanischen Justiz mit den Verbrechen des Franquismus und zum anderen um die noch nicht eingelöste Forderung der sogenannten Gedächtnisbewegung nach »Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung«. In Spanien wurden bislang zwar rund 400 Massengräber geöffnet und über 8.500 sterbliche Überreste geborgen, aber noch immer warten weit mehr als 110.000 Opfer der franquistischen Repression auf die Exhumierung.
Buchautor Georg Pichler, der zugleich auch Kurator der Ausstellung ist und vergangene Woche in der jungen Welt über die Aktualität des Krieges und der Franco-Diktatur in Spanien geschrieben hatte (»Der Schatten des Caudillo« am 6.10.), hielt den Vortrag »80 años no es nada – Franco und kein Ende«. Darin spannte der aus Österreich stammende und an der Universidad de Alcalá in Madrid lehrende Literaturwissenschaftler den Bogen vom »Pakt des Schweigens« nach dem Tod von Diktator Franco über die sogenannte Transición (Übergangszeit zur Demokratie) bis hin zu den heute zu beobachtenden Versuchen, die Geschichte zu revidieren.
Sowohl am Sonnabend wie auch am Sonntag kamen Abgesandte aus acht weiteren Ländern zu Wort, darunter Almudena Cros, die Präsidentin der spanischen Associación de Amigos de las Brigadas Internacionales (AABI), Marco Puppini, Vizepräsident der italienischen AICVAS, Nancy Phillips von der Organisation FFALB (Friends and Families of the Abraham Lincoln Brigade), Manuel Moreno, Schatzmeister des britischen International Brigade Memorial Trust, Jean Rol-Tanguy von der französischen ACER und Allan Christiansen aus Dänemark.