Erstmalig in Deutschland: Foto-Ausstellung „Camaradas. Österreicher im Spanischen Bürgerkrieg 1936 – 1939“ vom 6. Oktober bis zum 6. November 2017 im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Berlin-Prenzlauer Berg.

Camaradas. Österreicher im Spanischen Bürgerkrieg 1936 – 1939

Fotos aus dem Bestand des Spanienarchivs und des Fotoarchivs des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes

Kurator: Georg Pichler

Projektleitung: Georg Pichler und  Verein „prenninger gespräche“, Obmann: Eugen Gross

■ Freitag, 06.10.2017, 17:30 Uhr

Vernissage zur Ausstellung im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg.

Eine Veranstaltung des Vereins „Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936-1939“ (KFSR) in Kooperation mit dem Verein „prenninger gespräche“ und mit Unterstützung der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte Berlin.

Historischer Hintergrund

Am 14. April 1931 wurde durch eine spontane Volkserhebung in mehreren Städten Spaniens die Zweite Republik ausgerufen. Der König Alfons XIII. verließ fluchtartig das Land, ohne jedoch auf seinen Thronanspruch zu verzichten. In Spanien, das damals zu den sozial, politisch und wirtschaftlich rückständigsten Ländern Europas gehörte und von krassen Gegensätzen zwischen Arm und Reich gekennzeichnet war, begann eine Zeit der politischen Unruhe und Gewalt, die schließlich am 17./18. Juli 1936 eskalierte, als vier Generäle gegen die demokratisch gewählte Regierung putschten. Bald tat sich unter ihnen der General Francisco Franco hervor, der sich im Oktober 1936 zum Generalísimo küren ließ und das Land bis zu seinem Tod 1975 autoritär regierte.

Mit Unterstützung des nationalsozialistischen Deutschlands und des faschistischen Italiens brachten die Aufständischen in den folgenden drei Jahren das Land in ihre Gewalt. In den von ihnen eroberten Gebieten errichteten sie ein Terrorregime, das systematisch alle „Roten“ auszurotten trachtete. Die republikanische Seite des Konflikts, die von Beginn an sehr heterogen und in sich uneins war, wurde kaum vom Ausland unterstützt, einzig die Sowjetunion und Mexiko standen ihr bei. Die europäischen Demokratien, Großbritannien und Frankreich an der Spitze, beschlossen zum Schaden der Republik einen Nichteinmischungspakt, der jedoch von Deutschland und Italien auf der einen, der Sowjetunion auf der anderen Seite hintergangen wurde. Während Deutschland die Legion Condor mit 1500 Flugzeugen und mehr als 18 000 Mann nach Spanien schickte, Mussolini mit dem Corpo Truppe Volontarie rund 80 000 „Freiwillige“ entsandte, erhielt die Republik gerade einmal 670 sowjetische Flugzeuge und anderes Kriegsmaterial.

Als der Bürgerkrieg am 31. März 1939 mit der Einnahme Madrids endete, hatten an die 200 000 Menschen bei Kriegshandlungen ihr Leben verloren, mehr als 130 000 waren von den Aufständischen, rund 49 000 von den Verteidigern der Republik durch politische Repression im Hinterland ermordet worden.

Gegen Ende des Krieges, nach dem Fall Kataloniens im Februar 1939, überquerte eine halbe Million Menschen die Grenze nach Frankreich, wo sie in rasch errichteten Lagern notdürftig untergebracht wurden. Die Zustände waren menschenunwürdig und verschlimmerten sich zudem nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ein halbes Jahr später, so dass bis 1945 zwei Drittel der Flüchtlinge nach Spanien zurückkehrten. In Frankreich waren viele Spanier im Widerstand aktiv – Tanks mit den Namen Guadalajara, Teruel und Brunete fuhren im August 1944 als erste ins befreite Paris ein. Mehr als 9300 Spanier kamen in deutsche Konzentrationslager, vor allem ins KZ Mauthausen und seine Nebenlager, über 5000 von ihnen wurden dort getötet.

Zugleich war der Spanische Bürgerkrieg eine erste Auseinandersetzung der Ideologien und Mächte, die auch im Zweiten Weltkrieg aufeinanderprallen sollten: Faschismus in seinen verschiedenen Spielarten auf der einen, Kommunismus, Sozialismus, Anarchismus auf der anderen Seite. Der Bürgerkrieg war – unter anderem auch dank des erstmals umfassenden Einsatzes von Medien (Fotografie, Film, „Liveberichterstattung“ via Telefon) – ein Ereignis, das die ganze Welt mitverfolgte und polarisierte. Es kam zu internationalen Solidaritätsaktionen, unter denen die Internationalen Brigaden  herausragen.

Die Internationalen Brigaden

Die Verteidigung der Demokratie seitens des republikanischen Spanien löste eine bis dahin unbekannte Welle von internationaler Solidarität aus. Von Beginn an reisten Freiwillige nach Spanien, um für die Republik zu kämpfen. Ab dem Herbst 1936 eine Transportorganisation ins Leben gerufen, die die oft illegale Einreise der Freiwilligen unterstützte. In Spanien selbst wurden Strukturen geschaffen, um die Ankömmlinge zu organisieren und auszubilden. Die Internationalen Brigaden kamen bis zum September 1938 an fast allen bedeutenden Fronten zum Einsatz und waren für die Kriegsführung sehr wichtig. Insgesamt kamen an die 35 000 Freiwillige aus mehr als 50 Ländern nach Spanien. Nie waren mehr als 20 000 Interbrigadisten gleichzeitig im Einsatz. Mehr als ein Viertel von ihnen, zwischen 9000 und 10 000 , verloren ihr Leben.

Österreicherinnen und Österreicher in den Internationalen Brigaden

In den Internationalen Brigaden waren rund 1400 österreichische Freiwillige – darunter 43 Frauen – im Einsatz, im Verhältnis zur Einwohnerzahl waren sie die am stärksten vertretene Nation. Österreicher waren in praktisch allen militärischen Einheiten der Republik zu finden, die meisten von ihnen aber im Bataillon „12. Februar“ der 11. Internationalen Brigade, die im Juni 1937 gegründet wurde. Aus dem Namen des Bataillons wird ersichtlich, dass sich die Österreich in die Tradition eines Antifaschismus stellten, der im Februar 1934 einen ersten Kampf gegen den Austrofaschismus geführt hatte und nun in Spanien, aus Solidarität mit dem spanischen Volk, aber auch als Zeichen des Widerstandes gegen einen europaweiten Faschismus kämpfte.

Nach dem Ende des Bürgerkriegs kamen die meisten Österreicher, die nun aufgrund des „Anschlusses“ von 1938 entweder staatenlos oder Angehörige des „Dritten Reichs“ waren, in französische Lager wie Gurs, Le Vernet, Argelès-sur-mer u.a. Viele von ihnen meldeten sich auf Empfehlung der Kommunistischen Partei freiwillig zur Rückkehr in die Heimat, wo sie sich aufgrund des Hitler-Stalin-Paktes vom August 1939 in relativer Sicherheit wähnten, um dort im Widerstand tätig zu werden; entgegen ihren Erwartungen kamen sie fast alle in Konzentrationslager, vor allem nach Dachau. Dank ihrer guten Organisation überlebten die meisten von ihnen.

Andere schlossen sich dem Widerstand an, in Frankreich oder in der algerischen Wüste nach der Befreiung, wo sie US-amerikanischen oder britischen Einheiten beitraten. Wieder andere waren in die Sowjetunion emigriert und wurden für den Einsatz im Feindesland ausgebildet oder traten Partisaneneinheiten im heutigen Staatsgebiet von Slowenien bei, so etwa dem 1. und 2. Österreichischen Freiheitsbataillon oder den sogenannten Koralmpartisanen.

Fast ein Viertel der Spanienfreiwilligen starb zwischen 1936 und 1945. Wie Irene Filip recherchiert hat, fielen im Spanienkrieg 235 Freiwillige, 84 kamen nach 1939 in den Konzentrationslagern und im Widerstand ums Leben, insgesamt 319 Menschen.

Nach 1945 kehrten die meisten nach Österreich zurück. In der Bevölkerung waren sie als Kommunisten verrufen, galten mit einem Naziausdruck als „Rotspanier“.

1965 wurde die „Vereinigung österreichischer Freiwilliger in der Spanischen Republik 1936–1939 und der Freunde des demokratischen Spanien“ gegründet, die im Jahr darauf das erste Buch über die Österreicher in den Internationalen Brigaden herausbrachte: Spaniens Himmel… von Max Stern. Der Vereinigung ist es zu verdanken, dass viel Material über die Österreicher im Bürgerkrieg gesammelt wurde und zur weiteren Verwendung erhalten geblieben ist.

Zum 50. Jahrestag des Beginns des Bürgerkriegs erschienen 1986 zwei Bücher, die umfassend den Einsatz der Österreicher und Österreicherinnen dokumentierten: Österreicher im Spanischen Bürgerkrieg. Interbrigadisten berichten über ihre Erlebnisse 1936 bis 1945 und Für Spaniens Freiheit. Österreicher an der Seite der Spanischen Republik 1936-1939. Eine Dokumentation. Beide Bücher sind bis heute Quellenmaterial von großem Wert.

Nach seiner Pensionierung 1983 begann der ehemalige Spanienkämpfer Hans Landauer seine Mitarbeit im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, ordnete, sortierte, überprüfte und erweiterte vor allem im Lauf der Jahre das Material, das andere vor ihm gesammelt hatten, und legte das Spanienarchiv mit den Biographien von 1400 Österreicherinnen und Österreichern an. Das Ergebnis seiner Recherchen in nationalen und internationalen Archiven ist neben dem Archiv an sich das 2003 gemeinsam mit Erich Hackl herausgegebene Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer 1936-1939, dem 2008 eine überarbeitete zweite Auflage folgte, eine Pionierleistung im Bereich der weltweiten Forschung zum Spanischen Bürgerkrieg. 2008 übernahm Irene Filip die Leitung des Spanienarchivs, seit 2011 sind die Biographien der österreichischen SpanienkämpferInnen online einsehbar (www.doew.at).

Georg Pichler

georg.pichler@uah.es

Die spanische Fassung der Ausstellung über die Österreicher in den Internationalen Brigaden wurde am Mittwoch, dem 14. September, in Santiago de Compostela eröffnet und wird bis 31. Oktober zu sehen sein.

Siehe auch:
Umbrüche gestalten: Germanistik in bewegter Zeit
Internationale Konferenz 13.-16. September 2017, Santiago de Compostela, Spanien

 

Redaktion KFSR

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