Am Ebro gegen Hitler – Internationale Brigaden in Spaniens Krieg. Von Dan von Medem, dpa.

Am Ebro gegen Hitler – Internationale Brigaden in Spaniens Krieg

Von Dan von Medem, dpa, 16.07.2017 05:26

Der Putsch gegen die spanische Republik rief 1936 auch viele Deutsche auf den Plan. Sie wollten in Spanien gegen Hitler und seine Verbündeten kämpfen. Ein Buch gibt Einblick in die Welt der «Spanienkämpfer».

Berlin (dpa/bb) – «Der Weg nach Berlin führt über Madrid» – so hofften wenigstens die Exildeutschen drei Jahre nach Hitlers Machtantritt. Auch der vor den Nazis nach Paris geflüchtete Hans Kahle hörte den Ruf. «Mein Vater war Kommunist und musste 1933 Deutschland verlassen», erzählt seine Tochter Eva Fischer. «Als die Nachricht von Francos Putsch ihn im Sommer 1936 im französischen Exil erreichte, sah er die einmalige Chance, sich zu wehren.»

Wie Hans Kahle zog es Tausende nach Spanien. Gegen den General Francisco Franco (1892-1975) und seine Truppen zu kämpfen hieß, auch gegen Nazi-Deutschland zu Feld zu ziehen. Nach mehr als 80 Jahren erinnert jetzt ein neues Buch an die internationalen Kämpfer im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939). «Pasaremos» (Wir werden durchkommen) druckt die Zeitschrift der XI. Internationalen Brigade nach, in der die meisten deutschen Freiwilligen kämpften.

Die Erinnerung an die «Spanienkämpfer» müsse wachgehalten werden, ist Kerstin Hommel vom Verein Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936-1939 überzeugt. Angesichts des wachsenden Rechtsextremismus sei es wichtig, vor allem Jugendlichen Beispiele von Solidarität zu zeigen.

Der Aufstand rechter Militärs gegen die gewählte linke Regierung Spaniens hatte eine Welle der internationalen Solidarität für die Republik losgetreten. «Bis zu 35 000 Freiwillige aus dem Ausland kämpften aufseiten der Spanischen Republik, davon knapp 3000 aus Deutschland», sagt der Historiker Werner Abel, Herausgeber von «Pasaremos» (Dietz-Verlag).

Hans Kahle war Kommandeur der XI. Internationalen Brigade. Bei der Schlacht am Fluss Ebro hatte er zeitweise das Kommando über die gesamte Front. Seine Militärausbildung hatte er in einer Berliner Kadettenanstalt erhalten. «Er war deutscher, preußischer Offizier», sagt seine Tochter. Nach dem Ersten Weltkrieg verzichtete er auf eine militärische Laufbahn und ging nach Mexiko. 1927 kehrte er nach Deutschland zurück und arbeitete als Journalist, bis die Nazis an die Macht kamen.

Auch den Sudetendeutschen Karl Popp zog es zu den Internationalen Brigaden. «Mein Vater hatte Sympathien für die linke Regierung in Spanien. Als er von dem Putsch hörte, beschloss er, der Republik zu helfen», erinnert sich seine Tochter Karla Popp. Genau wie viele Freiwillige hatte er das Gefühl, «in Spanien auch für das eigene Vaterland zu kämpfen», so Popp. Im tschechoslowakischen Sudetenland war die faschistische Bewegung damals stark im Kommen.

Die Internationalen Brigaden waren in aller Eile zusammengestellt worden. Das führte zu organisatorischen Problemen. «Oft gab es an Front A nur Munition für Waffen an Front B», sagt Fischer. Auch die Sprachenvielfalt sorgte für Verwirrung. «Es gab romanische Sprachen, serbokroatisch, sogar chinesisch, das machte es nicht einfacher.»

Weiteres Problem waren ideologische Spannungen innerhalb der republikanischen Kräfte. Einige Kommunisten versuchten, im Sinne der Sowjetunion die Kontrolle über Politik und Armee zu erlangen und schreckten dabei auch vor der Verfolgung vermeintlicher Verbündeter nicht zurück. Die Spannungen eskalierten in den blutigen Kämpfen im Mai 1937 in Barcelona, als sich Kommunisten und Anarchisten gegenseitig beschossen.

Nach dem Untergang der Republik 1939 begann für viele Brigadisten eine Odyssee. «Die Kämpfer, deren Heimatländer faschistisch waren, hatten nun ein großes Problem», erzählt Eva Fischer. Ihr Vater erhielt ein Visum für Frankreich, kam danach nach England, von wo aus man ihn nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Kanada deportierte.

Wie Karl Popp zog es auch Kahle nach Ende des Zweiten Weltkriegs in die von der sowjetischen Armee besetzte Zone Deutschlands. «Mein Vater sah die Chance, hier ein völlig anderes Deutschland aufzubauen», sagt Eva Fischer. Kahle wurde Chef der Volkspolizei in Mecklenburg, starb jedoch 1947 an einem Magenleiden.

In der DDR wurden Kahle und andere Spanienkämpfer als Helden verehrt. Eine Briefmarke mit seinem Bild erinnerte an die Thälmann-Brigade. Widersprüche in dieser heilen sozialistischen Welt waren unerwünscht. «Die Frage der Auseinandersetzungen innerhalb der Linken im Spanischen Bürgerkrieg war bis zum Ende der DDR tabuisiert», sagt Historiker Abel. Seit etwa drei Jahren lebt in Deutschland kein «Spanienkämpfer» mehr. Um so deutlicher sollten jetzt die Quellen sprechen, sagt Kerstin Hommel.

Quelle: https://www.tag24.de/nachrichten/am-ebro-gegen-hitler-internationale-brigaden-in-spaniens-krieg-d245559

 

Redaktion KFSR