Vor achtzig Jahren: Die Geschichte von Boadilla. Von Rien Dijkstra, Stichting Spanje 1936-1939.
Die Frontaloffensive von General Mola im November 1936 in Madrid schlug fehl. Die faschistischen Truppen entschlossen sich dann, ihre Taktik zu ändern und Madrid vom Rest Spaniens zu isolieren, indem sie die Schnellstraßen besetzten. Mitte Dezember begannen sie mit Hilfe deutscher Panzer und Stuka-Sturzkampfbombern einen neuen Angriff auf der Fernstraße nach Coruña. Das Ziel bestand darin, die Republikanische Linie bei Boadilla und Majadahonda zu durchbrechen.
Boadilla war von den Faschisten erobert worden, doch kam die Stadt durch eine Gegenoffensive der XII. und XIV. Internationalen Brigaden sowie unter Einsatz einer russischen Panzerabteilung unter General Pavlov wieder in die Hände der Republikaner.
Am 17. Dezember begann eine neue Franco-Offensive gegen Boadilla del Monte. Die 11. und 12. Internationale Brigade stellten sich dem Ansturm entgegen. Die anglo-amerikanischen Freiwilligen waren an vorderster Front. Ein schweres Artillerie-Bombardement ist ihre Feuertaufe. Schwere Panzer rollen an. Die Linie der Republikaner wird durchbrochen. Es beginnt ein ungeordneter Rückzug, der droht zu einer Flucht zu werden. Um das Schlimmste abzuwenden, muss sofort eine Entscheidung getroffen werden: „Sie wird durch einen belgischen Freiwilligen getroffen, der die sich zurückziehenden Truppen aufhält, ihnen neue Positionen zuteilt, sie umgruppiert und in Verteidigungsstellung bringt. Es wird eine neue Linie geschaffen, die die Verteidigung der Wälder von Boadilla und Majadahonda ermöglicht.“ Der Erhalt des Waldes in Richtung Boadilla Majadahonda war entscheidend. Dieser Wald dehnte sich tatsächlich zur Hauptstraße Madrid-Valladolid. Wäre der Wald nicht gehalten worden, wären die Truppen sofort vom Nachschub aus Madrid abgeschnitten gewesen. So erzählt es der belgische Interbrigadist Albert Conick in seinem Buch España Belgier in den Internationalen Brigaden.
Das französische Bataillon „Commune de Paris“ war bei Boadilla del Monte stationiert und wurde heftig attackiert. Es musste durch das Thälmann-Bataillon unterstützt werden. Im Verlauf des Kampfes wurde es erforderlich, das Thälmann-Bataillon um einen Kilometer zurückzuziehen. Am 19. Dezember wurde ein Stoßtrupp angefordert, um den Rückzug des Bataillons abzudecken. Die Gefechtslage war unübersichtlich. Republikanische Milizen zogen sich von Majadahonda zurück und die Uniformen beider Armeen waren kaum zu unterscheiden. Eine Gruppe von Soldaten kam zu ihrem Standort und forderte, nicht zu schießen. Sie sagten, sie wären Republikaner. Doch war dies ein Trick und die faschistischen Soldaten töteten den Stoßtrupp. Nur der Österreicher Julius Goldmann flieht und kann die Geschichte erzählen.
In dieser Gruppe von Interbrigadisten befanden sich sechs Deutsche, die aus den Niederlanden nach Spanien gekommen waren, wo sie erst als politische Flüchtlinge lebten: Oswald Geistert, Theo Schmitz, Heinrich Reuß, Werner Reinhardt, Ernst Lau und Heinrich Schade. (Die anderen Opfer waren Albert Spiegel, Karl Kreitlow, Karl Preisel, Mathias Massmann, Josef Weber, Heinrich Grischel, Franz Waldeck, Ewald Petri, Richard Seipel und die Briten Arnold Jeans, James Gough und Raymond Cox). Die Briten gehörten zu einer Gruppe von zwanzig englisch Sprechenden, die dem Thälmann-Bataillon zugeordnet wurden, als es noch kein britisches Bataillon gab.
Der Kampf endete in einem Patt, bei dem nur Boadilla und Villanueva de la Vañada den Faschisten in die Hände fielen.
Die Schlacht währte drei Tage. Einer der Engländer im Thälmann-Bataillon, Esmond Romilly, ein Neffe von Winston Churchill, schrieb: „Walter führte kurz vor der Nachtwache eine Zählung der 1. Kompanie des Thälmann-Bataillons durch. Er rief jeden Namen auf und machte eine Pause, bis die Anspannung unerträglich wurde….. Der Kommandeur strich ihre Namen immer mit dem gleichen Wort durch: ‚Gefallen‘. Vom 1. und 2. Zug meldeten sich fünfzehn mit der Antwort ‚Hier!‘ dreiundvierzig antworteten nicht. Im ‚Dritten Zug‘ antworten drei Deutsche mit ‚Hier‘, bevor er zur englischen Gruppe kam“. Jeans, Gough und Cox antworteten nicht, sie wurden getötet. „Es gab nichts mehr, was die Kette der Antworten unterbrechen konnte – wir waren ganz am Ende des Alphabets.“
Es gab Nachtpatrouillen, um Waffen und Munition zu ersetzen, sowie die Körper der Toten zu bergen. Doch der Stoßtrupp konnte nicht gefunden werden.
Am Weihnachtstag wurde eine Gruppe Freiwilliger des Thälmann-Bataillons ausgesandt, um ihre gefallenen Kameraden zu suchen. Im Wald von Boadilla fand man sie auf ihrem Kampfplatz, grausam verstümmelt und ihrer Habe beraubt. Alle fünfzehn wurden nach Fuencarral gebracht, dem Friedhof der Internationalen Brigaden in Madrid. Mit Salutschüssen erhielten sie ihren letzten Abschied.
Heinz Schade war einer der vielen Deutschen, die 1933 in die Niederlande geflohen waren. Geschlagen und mit blauen Flecken übersät, kam er in Winterswijk an, wo viele politische Flüchtlinge in Groningen mit Unterstützung der Hilfe des Internationalen Roten Kreuzes die Grenze überschritten. Edith Veenhof, Kurier, spielte dabei eine wichtige Rolle. Heinz reiste weiter und kam nach Amsterdam, Amsterdam-Noord, um genau zu sein, aber er verbrachte auch einige Zeit in Rotterdam und Utrecht. Diese politischen Flüchtlinge waren weiterhin in Gefahr. Sie konnten als unerwünschte Ausländer verhaftet und nach Deutschland zurückgeschickt werden. Dies hat sich wiederholt zugetragen und einige von ihnen zahlten dafür mit ihrem Leben. Heinz kommt mit dem Kurier Edith Veenhof in Verbindung und wird 1934 glücklicher Vater eines Sohnes. In Bochum, wo er herkam, war er erfolgreicher Sportler und Meister im Ringen. In Amsterdam-Noord wurde er Gründungsmitglied der Sektion der Kraftsportler und des Gymnastiksportvereins „Sport und Kampf“, der dem R.-S.E (Roter Sportverein) angeschlossen war. Sie nutzten eine stilgelegte Fabrik im Laanweg 57 Amsterdam-Noord.
Im Oktober 1936 ging er nach Spanien und kam nie wieder zurück.
In Südfrankreich, in Gurs, wurde im August 1939 im Internierungslager für Mitglieder der Internationalen Brigaden eine Gedenktafel für die gefallenen deutschen Interbrigadisten angebracht, die aus den Niederlanden nach Spanien gegangen waren. Unter ihnen war Heinz Schade, aber auch Oswald Geistert, Theo Schmitz und Ernst Lau.
Quellen
- Brigada Internacional ist unser Ehrenname, Teil 1, Hanns Maaßen
- Spanienkrieg, Teil 1, Willi Bredel
- Boadilla, Esmond Romilly
- Die XI. Brigade Gewehre in Arbeiterhand, Gustav Szinda
- España Belgier in den Internationalen Brigaden, Albert Conick
- Ein kurzer Abriss des Spanischen Bürgerkriegs, Gabriel Jackson
- In Memoriam, den in Spanien gefallenen Kameraden aus der Holländischen Emigration, anonym
- Zitat nach Enkelin von Heinz Schade
Mit Dank an Harald Wittstock, KFSR 1936-1939 e. V.
Übersetzung: „jowi-uebersetzungen.de“ / Herbert Grießig
Die Redaktion dankt Rien Dijkstra, Stichting Spanje 1936-1939 für den Beitrag.
Anmerkung der Redaktion: Die Enkelin von Hans Schade lebt in Amsterdam.