Titelfoto: Ehrung der Generalitat für die Volksolympiade von 1936 in Barcelona (Albert Garcia, EL PAÍS)
Die Volksolympiade verleiht Medaillen mit 81 Jahren Verspätung – Freiwillige Helfer und Sportler erinnern sich an die verhinderte Eröffnung
El País, Carlos Garfella, 19.07.2017
Die Generalitat von Katalonien ehrte am 18.07. die Volksolympiade von Barcelona von 1936, die als Protest gegen die Olympischen Spiele von Berlin im Nazideutschland organisiert worden war, aber wegen des faschistischen Putsches nicht stattfinden konnte. Der Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Raül Romeva, übergab drei Medaillen an eine Freiwillige (Maria Salvo) und an zwei 90-jährige Sportler, die an den Vorbereitungen dieses Sportereignisses beteiligt waren. Romeva sagte, dass Katalonien als Gesellschaft und Institution ihnen gegenüber in der Schuld sei, und äußerte den Willen, diese zu tilgen. Der stellvertretende Bürgermeister von Barcelona, Jaume Asens, sagte, dass das Vergessen der schlimmste Feind Kataloniens sei. Unter den Teilnehmern befand sich eine britische Radsportgruppe, die per Fahrrad von London gekommen war, um an dieser Ehrung teilzunehmen.
Antoni Cànoves war 16 Jahre alt, als Franco sich am 18. Juli 1936 gegen die II. Republik erhob. Seit Monaten trainierte er für die Teilnahme an der Volksolympiade. Er war katalanischer Meister im 60-Meter-Brustschwimmen und gehörte dem Verein Club Natació Barceloneta an. Er erklärte: „Ich erinnere mich an die vorausgehenden Tage voller Vorfreude. Ich hatte als Freiwilliger sehr viele Tage im Stadion von Montjuïc gearbeitet. Aber dann kam der Putsch – und die Olympiade konnte nicht durchgeführt werden.“ Auf den Tag genau 81 Jahre nach der geplanten Eröffnung erhielt er eine Gedenkmedaille aus den Händen des Ministers Raül Romeva. „Nachdem ich den Krieg und das Exil durchgemacht habe, bin ich heute mit 97 Jahren froh, noch zu leben“, fügt er hinzu.
Die Volksolympiade wurde finanziert von der Regierung der Republik Spanien, von Frankreich und von der Generalitat von Katalonien. Cànoves erläutert: “ Es ist notwendig sich zu erinnern, was es wirklich war – ein Protest gegen die Olympischen Spiele in Berlin, die Hitler benutzte, um Propaganda für sein Regime zu machen.“ Etwa 5.000 Sportler aus 23 Ländern waren gemeldet. „Danach reihte sich die Mehrheit von ihnen während des Bürgerkrieges in die Reihen der Interbrigaden ein“, erklärt Alfons Cànoves, 99 Jahre alt und Bruder von Antoni. „Ich war Wasserballer und man raubte uns die Jugend, nicht nur uns beiden, sondern einer ganzen Generation“, sagte er. Die beiden Brüder kämpften im Bürgerkrieg bis zum Ende. 1939, nach dem Einzug der Franco-Truppen, gingen sie nach Frankreich ins Exil. Vor einigen Jahren kehrten sie nach Katalonien zurück.
Tausende ausländische Sportler blieben in Spanien, um aufseiten der Republik zu kämpfen. Unter ihnen sieben Mitglieder des Clarion Cycling Club 1895, einer Radsportmannschaft aus der britischen Delegation, die 1936 per Fahrrad von London gekommen waren. Vier von ihnen starben während der Kämpfe. Um an ihre Vorgänger zu erinnern und um an der jetzigen Ehrung teilzunehmen, wiederholten zehn Mitglieder des Klubs diese Fahrt am 1. Juli. Die meisten von ihnen haben die Sechzig überschritten. So wie Manuel Moreno, 77 Jahre alt und Sohn von exilierten Republikanern, der die 1.600 km Entfernung zwischen den beiden Städten mit einer Beinprothese überwand. „Meine Eltern vertrauten immer darauf, eines Tages nach Spanien zurückzukehren, aber nach dem II. Weltkrieg verloren sie die Hoffnung. Letztendlich starben sie aber in Alicante. Es war sehr bewegend, dass sie nach Jahrzehnten des Exils in ihrer Heimat sterben konnten“, erklärte er.
Übersetzung: M. Bremer.
Quelle: https://elpais.com/ccaa/2017/07/19/catalunya/1500492500_087729.html?id_externo_rsoc=FB_CC