Ein bitteres Ende. Von Hans-Jürgen Schwebke.

Ein bitteres Ende

Die internationalen Kämpfer von Dirk Krüger, antifa Januar/ Februar 2017

Gefallene, verwundete oder vermisste Interbrigadisten sind Opfer des Faschismus. Mitglieder und Freunde der Spanischen Republik 1936-1939 e.V. (KFSR) haben es sich zur Aufgabe gemacht, ihrer würdig zu gedenken, indem sie ihre Namen und ihr Vermächtnis in der Öffentlichkeit wachhalten und ihre Ehre verteidigen. Dirk Krüger stellt im Zusammenhang mit der Verlegung der XIII. Internationalen Brigade (IB), zu der das Tschapaiew-Bataillon gehörte, an die Zentralfront fest: „Dort erlebte sie nach einiger Zeit in der Reservestellung am 4. August 1937 ihre Auflösung.“ Abgesehen davon, dass der Autor eine völlig den Tatsachen widersprechende Interpretation der Geschichte des Tschapaiew-Buches bringt, ist der Begriff „Reservestellung“ eine groteske Bezeichnung für eine Situation, in der diese Brigade unvorbereitet und ohne Reserven in einen mörderischen Kampf geschickt wurde. Nachstehende Zeitzeugen berichten in unterschiedlichen Quellen, so z.B. in einigen in der DDR erschienenen Büchern, von dem aufreibenden, kräftezehrenden Kampf der Interbrigadisten mit großen Verlusten:

Wilhelm Zaisser, als General José Gómez, Kommandeur der XIII. IB, protestierte erfolglos bei General Miaja, dem Befehlshaber der Zentrumsfront, dagegen, seine durch den monatelangen ununterbrochenen Einsatz an der Südfront erschöpften Kämpfer ohne Erholungspause wieder in den Kampf zu schicken. Der Brigadearzt Dr. Jensen hielt es für unverantwortlich, die Männer sofort wieder an die Front zu kommandieren. Wilhelm Zaisser wurde als Kommandeur der Brigade abgelöst. Schon am 4. Juli 1937 musste die XIII. Brigade ohne Reserven den Ort Villanueva de la Cañada angreifen. Der Ort konnte erobert werden, wurde dann aber von der faschistischen Luftwaffe zerstört. Danach wurde der Brigade der Sturm auf das stark befestigte Romanillos befohlen. Sie war schon arg dezimiert, der neue Kriegskommissar Blagoje Parovič-Schmid gefallen. Aus Mangel an Kräften musste sogar die Pionier-Kompanie als Infanterie an die Front kommandiert werden. Dabei fiel auch der deutsche Kommunist Fritz Giga, von den Nazis fast zum Krüppel gefoltert und nur durch einen Geniestreich seiner Genossen aus der Haft entflohen. In Spanien kam er in einem verantwortungslos zu nennenden angeordneten Gefecht ums Leben. Otto Brunner, der Kommandeur des Tschapaiew-Bataillons, war schwer verwundet und auch Alfred Kantorowicz durch die Detonation einer Bombe verschüttet und ebenfalls verwundet worden.

In den Erinnerungen Rudolf Engels „Freunde und Feinde“ (Militärverlag der DDR, 1984, S.220), heißt es: „Nach meiner Übersicht und den Auskünften, die ich von den Stäben der Bataillone bekam, hatte die XIII. Brigade nur noch die Sollstärke eines Bataillons. Nach fünf Tagen Offensive waren fast 75 Prozent der Kameraden tot, verwundet oder in der Sonnenglut zusammengebrochen – eine traurige Bilanz. In diesen fünf Tagen hatte der Gegner auch die absolute Luftherrschaft und eine erdrückende Überlegenheit an Artillerie und Panzern gewonnen und, wie wir in Romanillos beobachten konnten, ununterbrochen neue Truppen herangefahren.“ Verwundet hört Engel im Hospital in Murcia: „Die XIII. Brigade hätte fast alle Offiziere verloren, verwundet oder tot. Der Mannschaftsbestand sei so klein geworden, dass sie nicht mehr aufgefüllt werden sollte. Die überlebenden Kameraden ordnete man den jeweiligen nationalen Einheiten der anderen Brigaden zu.“

Und Luigi Longo, Generalinspekteur-Generalkommissar der IB, in seinem 1958 in der DDR unter dem Titel „Die Internationalen Brigaden in Spanien“ erschienenen Buch: „In dieser Schlacht hat die XIII. Brigade die schwersten Verluste an Mannschaften und Kadern.“ (S. 274)

In einer internen und vertraulichen Kritik am spanischen Generalstab wegen dessen Umgang mit den IB schrieb der Kommandeur der Base Albacete Vidal (d.i. der Franzose Vitali Gayman) am 28. Juli 1937 über das Schicksal der XIII. Brigade nach Moskau: „Es ist nicht so, dass diese Brigade besiegt wurde, sie wurde ermordet.“ Vidal trat danach als Kommandeur der Base zurück. (Bundesarchiv, SAPMO,SgY11/V/237/4/24, Bl. 18).

Die Angehörigen der XIII. Brigade haben trotz der widersinnigen Befehle, trotz der unfähigen Führung, trotz der Erschöpfung und des Ausbleibens von Nachschub und des Ersatzes durch neue Einheiten, trotz der immer mehr werdenden Toten und Verletzten heldenhaft weitergekämpft, bis zum bitteren Ende. Als die XIII. Brigade nach ihrer Auflösung dann im Oktober 1937 neu aufgestellt wurde, gab es kein Tschapaiew-Bataillon mehr. Und auch kaum noch Deutsche in der Brigade, diese wurde nun vornehmlich aus polnischen Kameraden zusammengestellt, die man aus anderen Einheiten abgezogen hatte.

Das von Alfred Kanotorowicz redigierte Tschapaiew“-Buch, das wird vom Autor leider nicht erwähnt, erlebte 1956 in der DDR einen fast unveränderten Nachdruck.

Hans-Jürgen Schwebke, Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936-1939 e.V.

Quelle: antifa März/April 2017, Leserbrief, Seite 17

 

Redaktion KFSR