Titelfoto: Rund 3.300 Frauen kämpften für die Spanische Republik: Hier 1936 bei der Belagerung des Alcázar von Toledo.Foto: picture alliance/CPA Media
»Die Republik wär’ im Eimer«
Die Töchter des Interbrigadisten Adolf Preissler haben eine Biographie über Frauen in der Spanienhilfe vorgelegt
Ingrid Schiborowski/Anita Kochnowski (Hrsg): Frauen und der spanische Krieg (1936–1939). Eine biographische Dokumentation. Verlag am Park, Berlin 2016, 652 Seiten, 29,99 Euro
Buchvorstellung: Dienstag, 24. Januar 2017, 19 Uhr, jW-Ladengalerie, Berlin-Mitte, Torstr. 6
Einen Umfang von mehr als 650 Seiten hat die von Ingrid Schiborowski und Anita Kochnowski vorgelegte biographische Dokumentation über »Frauen im spanischen Krieg 1936–1939«. Sie enthält die von den beiden Vereinsmitgliedern der »Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936–1939« (KFSR) recherchierte Liste von rund 3.300 Namen von Frauen aus Spanien – und aus vielen anderen Ländern, die nach dem Militärputsch gegen die rechtmäßig gewählte Regierung in Madrid am 17. und 18.Juli 1936 die Volksfront verteidigen wollten.Damit bewegen sich die Autorinnen – Töchter des deutschen Interbrigadisten Adolf Preissler (1900–1985) – auf einem Feld, das bisher nicht allzu oft bedient worden ist. Das gilt insbesondere für Spaniens Frauen, die – ob an der Front oder im Hinterland, in Verwaltungen und Krankenhäusern, auf den Feldern wie in den Fabriken – ihren Anteil an der Verteidigung der Republik hatten. In der bis dahin vom Katholizismus geprägten Gesellschaft hatte der Sieg der Volksfront gerade ihnen völlig neue Perspektiven eröffnet. Nicht zu vergessen sind aber auch all die aus dem Ausland gekommenen Frauen, die sich der Republik zur Verfügung stellten: etwa als Ärztin oder Krankenschwester, Milizionärin, Sekretärin, Kraftwagenfahrerin, Dolmetscherin, Bildreporterin oder Journalistin. Die Dokumentation nennt knapp tausend aus nahezu 40 Ländern, darunter auch rund 140 aus dem damaligen Deutschland. Ebenso überproportional vertreten waren Frankreich (65), Großbritannien (69) und Polen (85), die Sowjetunion (119) und die USA (84). Hinzu kamen Dutzende Frauen, die sich nur für kurze Zeit in Spanien aufhielten, sowie einige hundert, die in ihren Heimat- bzw. Exilländern in der Spanienhilfe aktiv waren.
Frauen und der Krieg zur Verteidigung der Republik in Spanien – zu diesem Stichwort fallen einem auf Anhieb vermutlich Dutzende Namen ein. Allen voran natürlich die spätere Generalsekretärin bzw. Vorsitzende der KP Spaniens, Dolores Ibárruri, die legendäre »Pasionaria«. Aber auch die in Spanien tödlich verunglückte Fotografin Gerda Taro wäre da zu nennen, oder Lise London, die in Frankreich als »Ritter der Ehrenlegion« geehrt wurde, oder die in Argentinien aufgewachsenen Schwestern Paulina und Adelina Abramson, die für die Sowjetunion als Dolmetscherinnen nach Spanien gegangen waren. Weniger bekannt dürften dagegen die Namen Magdalena Jans aus Krefeld und Fanny Schoonheyt aus Rotterdam sein. Von der niederländischen Milizionärin berichtete die deutsche Antifaschistin Golda Friedemann (1907–1997) in den 70er Jahren. 1912 in Rotterdam geboren, arbeitete sie Ende der 20er Jahre als Sekretärin in einer lokalen Zeitungsredaktion. Im Juli 1936 lebte sie in Barcelona. Als Pressesprecherin für die Arbeiterolympiade in der katalanischen Metropole vorgesehen, schloss sie sich nach dem Putsch gegen die Volksfront sofort einer antifaschistischen Miliz an. Im August lag sie mit einer MG-Abteilung zur Fliegerabwehr in der Nähe von Tardienta in Stellung. »Ungeheuer beliebt wegen ihres Mutes«, gehörte sie zu den Mädchen, die sich bei den Kämpfen im Aragon »mehr als mancher Mann bewährt haben«, notierte die Lebensgefährtin von Max Friedemann, Kommandeur der Grupo Thälmann, die damals als Verbindungsfrau, Kurierin und Dolmetscherin unterwegs war.
Mit ihrer anfangs kämpferischen Vita gehörte Fanny eher zu den Ausnahmen im spanischen Krieg. Die Regel war weit weniger spektakulär, obwohl doch außergewöhnlich genug, wie etwa der Lebensweg der Magdalena Jans aus Krefeld belegt. Schließlich hatte sich die 1898 geborene, damals knapp vierzigjährige Textilarbeiterin nicht allein auf den Weg nach Spanien gemacht, sondern war mit ihren beiden Söhnen ihrem Mann hinterhergereist. Wie »Lenchen« Mitte der 80er Jahre gegenüber der Publizistin Petra Lataster-Czisch bekannte, hat sie ihre drei Männer in Spanien nur höchst selten getroffen. Während ihr Mann wie ihr älterer Sohn als Partisanen in einer Guerillaeinheit kämpften und der im November 1937 gerade 18 Jahre gewordene Zweitgeborene in einer Spezialkompanie der XI. Brigade eingesetzt war, half sie 1937 und 1938 in einem Heim in Barcelona bei der Betreuung verwundeter Interbrigadisten. »Wenn Menschen in Not sind und du’n Jewissen hast, musste eben helfen! Dafür war’n wir ja in Spanien.« Dabei lernte sie auch Willi Bredel, Hans Marchwitza und Ernst Busch kennen. Später wehrte sie sich mit Händen und Füßen gegen ihre Verlegung nach Frankreich. Eine Abschiebung, wie sie es nannte, kam für sie nicht in Frage. »Ohne Frauen wär’ doch die Republik janz schnell im Eimer gewesen«, kommentiert sie lakonisch. Und bringt ihren Einsatz auf den Punkt: »Da ham Se Frau Jans: Antifaschistin bis dort hinaus!«
Quelle: junge Welt, Aus: Ausgabe vom 23.01.2017, Seite 15 / Politisches Buch