Widerstand und internationale Solidarität. Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus Von Dieter Nelles, Historiker.

Titelfoto: Internationale Gruppe der Kolonne Durruti, Kurt Lehmann, sitzend zweiter von rechts. Quelle: Dieter Nelles – Privatarchiv.

Der nachstehende Text ist entnommen aus: Dieter Nelles: Widerstand und internationale Solidarität. Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Essen 2001, S. 192-202

3.2. Der Spanische Bürgerkrieg
Der bewaffnete Aufstand des spanischen Proletariats gegen den Militärputsch General Francos im Juli 1936 war der Beginn des Spanischen Bürgerkriegs. Der Krieg, der sich schnell in einen internationalen Konflikt ausweitete, hatte eine symbolhafte Bedeutung für die internationale Arbeiterbewegung. In Spanien bot sich erstmals die Möglichkeit dem Vormarsch des Faschismus militärisch entgegenzutreten und den Kampf mit einer sozialrevolutionären Perspektive zu verbinden. Sofort nach Ausbruch des Krieges hatte das Sekretariat der ITF mit der Sammlung von Solidaritätsgeldern für das republikanische Spanien begonnen. Bis Februar 1937 wurden von den der ITF angeschlossenen Organisationen über 40.000 holländische Gulden gesammelt. Schon im August 1936 fuhr Nathan Nathans, der stellvertretende Generalsekretär der ITF nach Spanien, um sich vor Ort bei den spanischen Organisationen zu informieren und die ersten Solidaritätsgelder zu überbringen. Das ITF-Sekretariat forderte alle Organisationen auf, jeglichen Transport von Kriegsmaterial nach Franco-Spanien scharf zu kontrollieren. In einer konzertierten Aktion belgischer, holländischer, luxemburgischer und französischer Gewerkschafter gelang es im September 1936, einen Waffentransport, der von Deutschland über Antwerpen nach Spanien gehen sollte, zu verhindern.
Alle Schiffe, die Waren und Waffen in das republikanische Spanien brachten, wurden von den ITF-Organisationen kontrolliert. Dies war laut Fimmens Darstellung „äußerst wichtig“, weil sich zu Beginn des Krieges „Faschisten in die Mannschaft eingeschlichen hatten, die Spitzelarbeit verrichteten, die Transporte sabotierten und versuchten, dieselben in die Hände der Rebellen zu spielen, was leider einige Male auch gelungen“ sei. So hatte beispielsweise der Berliner Waffenhändler Veltjens, der die deutschen Waffenverkäufe an Franco abwickelte, auch der republikanischen Regierung gegen Vorauszahlung in Devisen eine Ladung Munition und Waffen verkauft und dafür das schwedische Schiff S/S Allegro gechartert. In Zusammenarbeit mit der Schiffsleitung wurde das Schiff von der nationalspanischen Marine aufgebracht. Solche Fälle waren auch deshalb möglich, weil die republikanische Regierung und deren diplomatischen Vertretungen im Ausland, wie Fimmen schrieb, „oft eine unbegreifliche Verständnislosigkeit“ für die Arbeit der ITF gezeigt hätten. Da die ITF von der republikanischen Regierung anfangs nicht über die von ihr gecharterten Schiffe mit Waffenladungen informierte, kam es zu tragischen Fällen, wie im Fall des norwegischen Dampfers „Rona“, das in Danzig Waffen für die Spanische Republik geladen hatte. Darüber schrieb Fimmen N. Wälläri, dem Sekretär des finnischen Seeleuteverbandes.
„The crew abandoned the ship because they thougt the arms were for the rebels, while the Danish seamen’s organization in Helsingör did the same thing, and caused a lot of trouble. As a result the attention of the publics and governments in all countries was drawn to the fact that the RONA was going to Spain with arms. The rebels knew, of course, that the RONA was not theirs, concluded it was for the Spanish Government, watched it and captured it when it reached waters. […] A German Comrade who went with the ship as a supercargo was arrested and hands over to the German Authorities. This is only one case out of, I am sorry to say, quite a number.“
Aus dem Brief an Wälläri geht auch hervor, daß das ITF-Sekretariat der republikanischen Regierung behilflich war, im Ausland Schiffe zu chartern bzw. zu kaufen. Im Mai 1937 reiste Fimmen nach Spanien, um die Beziehungen zu den spanischen Verbänden der ITF zu intensivieren und Gespräche mit der republikanischen Regierung zu führen. Mit den spanischen Verbänden vereinbarte er die Errichtung eines ständigen Kontaktausschusses und den regelmäßigen Austausch von Materialien. Man beschloß, Gelder für die Unterstützung der Familien von an der Front gefallenen Mitglieder der ITF-Verbände zu sammeln und die bereits gespendeten Geldern für den Kauf von zwei Sanitätswagen zu verwenden. Fimmen und die Vertreter der spanischen ITF-Verbände trafen mit Ministerpräsident Negrin und Verteidigungsminister Prieto zusammen, die beide zusagten, den Wünschen der ITF entgegen zu kommen. Negrin sandte Weisungen an die spanische Vertretungen im Ausland, die Arbeit der ITF zu unterstützen und die Post zwischen dem Kontaktausschuß und der ITF konnte fortan über diplomatische Kuriere befördern werden.
Aber es war nicht nur die „unbegreifliche Verständnislosigkeit“ der republikanischen Regierung, die dem Engagement des ITF-Sekretariats Grenzen setzten, sondern auch die Politik der damals mächtigen britischen Gewerkschaftsorganisationen. Ende 1936 wollte die ITF, unterstützt von den skandinavischen Organisationen, eine vollständige Blockade des Handels mit Franco-Spanien durchsetzen. Aber diese Initiative stieß auf den Widerstand der britischen Gewerkschaften. „It was just as if they were representing their own government“, schrieb Fimmen über die Haltung der britischen Delegierten bei einer Sitzung des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) in Paris im Dezember 1936. Die britischen Gewerkschaften unterstützten die Nicht-Interventionspolitik ihrer Regierung in Spanien und waren nicht bereit, Solidaritätsaktionen, die über humanitäre Hilfsleistungen hinausgingen, zu unterstützen. Dies führte bald zu scharfen Konflikten innerhalb der ITF. Denn in Zusammenarbeit mit Funktionären des norwegischen Seeleuteverbandes war es dem ITF-Vertreter in Cardiff, Jim Henson, gelungen, die Abfahrt von mehreren Schiffen mit norwegischer Besatzung nach Spanien zu verhindern. Mit noch größerem Erfolg wurden solche Aktionen in Newcastle durchgeführt.
Als kurze Zeit später die skandinavischen Organisationen eine Konferenz der Seeleute- und Hafenarbeiter Sektion der ITF einberiefen, um weitere Aktionen zu koordinieren, wollten die britischen Verbände zunächst nicht teilnehmen. Ernest Bevin stellte sogar Überlegungen an, die Transport and General Workers’ Union (T&GWU) aus der ITF herauszuziehen. Schließlich nahm William Spence von der National Union of Seamen (NUS) an der Konferenz teil, aber die dort angenommene Resolution beinhaltete keine Verpflichtungen für die britischen Gewerkschaften. Den Verbänden, die an dem Boykott gegen Franco-Spanien teilnahmen, wurde lediglich eine Anerkennung ausgesprochen und aufgefordert die Aktionen fortzusetzen. Buchanan analysiert prägnant die Grenzen der ITF-Politik: „The very weakness of the ensuing resolution demonstrated the inability of the ITF to impose decisions upon unwilling affiliates, especially those as powerful as the British unions. The attitude of the British leaders had effectively killed off any prospects for industrial solidarity.“

„Heute Spanien, morgen Deutschland!“ Mit dieser Parole stellte die Antwerpener ITF-Gruppe den Bürgerkrieg in einen Zusammenhang mit ihrem Kampf gegen den Nationalsozialismus. „Die Niederlage der faschistischen Generäle in Spanien ist die Niederlage Deutschlands und Italiens. Der Sieg der spanischen Arbeiter ist unser Sieg! Nach Spanien kommt Deutschland dran!“ „Spanien“ wurde zum „Hauptthema aller Diskussionen“ der Antwerpener Gruppe. Die Nachrichten über den bewaffneten Aufstand wirkten elektrisierend auf die ITF-Aktivisten. Sie diskutierten „leidenschaftlich die Frage“, schrieb einige Tage nach Ausbruch des Krieges Jahn an, „als Freiwillige nach Spanien zu gehen“. Gegen den anfänglichen Widerstand Fimmens setzten sie schließlich doch ihren Willen durch, nach Spanien zu gehen.
Ende September brachen sechs Mitglieder der Antwerpener ITF-Gruppe nach Spanien auf: Bahlke, Bruhns, Haag, Häringer sowie die Brüder Lehmann. Ihnen schlossen sich noch das KPD-Mitglied Louis Lamotte, der als Emigrant in Antwerpen lebte und Hans Vesper, ein Vertrauensmann der Gruppe, an. „Wir wollten aktiv und mit der Waffe offen gegen den Faschismus kämpfen.“ Mit diesen wenigen Worten beschrieb Kurt Lehmann ihren Entschluß nach Spanien zu gehen. Endlich bot sich ihnen die Gelegenheit im Kampf gegen den Faschismus von der Defensive in die Offensive überzugehen und das nachzuholen, was sie in Deutschland erhofft hatten, aber nicht realisieren konnten: den bewaffneten Aufstand gegen den Faschismus. Sie waren begeistert vom revolutionären Katalonien. „Hier in Barcelona“, schrieben sie in ihrem ersten Brief, „üben die CNT und die FAI die Hauptkontrolle aus, weil sie die stärksten Organisationen sind. Mit 100% Sicherheit glauben alle an den Sieg der Arbeiter.“ Sie schlossen sich einer Miliz der Gewerkschaft UGT an, weil diese eine „besondere deutsche Truppe zusammengestellt“ habe, von „denen einige hundert an der Front“ wären. Obwohl sich die Freiwilligen „aus Genossen aller Richtungen“ zusammensetzten, würde das Ausländer-Komitee der UGT von deutschen Kommunisten dominiert, die versuchten „den alleinigen Einfluß zu bekommen“. Aber sie und „einige Genossen mehr“ würden „unter der Fahne der ITF“ kämpfen. Ihre Anwesenheit in Spanien sei alleine schon deshalb notwendig, weil die KPD-Vertreter „alle Hilfe, die dem spanischen Proletariat zuteil wird, auf ihr Konto“ buchen würden.
Bei dieser Miliz handelte es sich um die Centuria Thälmann, die der katalanischen UGT-Kolonne „Carlos Marx“ angeschlossen war und von der KPD politisch kontrolliert wurde. Mit Hans Beimler, dem offiziellen Vertreter der KPD in Katalonien und Leiter des Ausländer-Komitees der kommunistischen PSUC, die in der UGT politische Schlüsselpositionen einnahm, hatte die ITF-Gruppe schon bald harte Auseinandersetzungen. Beimler hatte diktatorisch den von den Freiwilligen gewählten Vertrauensmann Kurt Lehmann abgesetzt und durch einen politischen Kommissar seiner Wahl ersetzt. Daraufhin verließen 18 der rund 100 deutschen Freiwilligen die Centuria Thälmann und schlossen sich der anarchistischen Kolonne Durruti an. „Mit einem bewaffneten Trupp holten wir uns aus dem Hotel Colon [Hauptquartier der Kommunisten, D.N.] unsere Pässe zurück, die uns die Kommunisten freiwillig nicht aushändigen wollten“, erinnerte sich Kurt Lehmann. „ Es ging ohne Schwierigkeiten vor sich, die Kommunisten waren damals in der Minderheit und konnten sich keine Auseinandersetzungen leisten.“
Am 26.10.1936 ging die Gruppe der 18 Freiwilligen an die Aragonfront, wo sie in die Internationale Gruppe der Kolonne Durruti eingereiht wurden. Die Internationale Gruppe bestand aus einer französisch- und einer deutschsprachigen Hundertschaft, und ihr gehörten damals ca. 250 ausländische Freiwillige an. Bis zum April 1937 kam es an der Front von Aragon nur zu wenigen Kampfhandlungen. Um so mehr waren die Debatten der Freiwilligen bestimmt von der Militarisierung der Milizen, d.h. deren Unterwerfung unter ein einheitliches militärisches Oberkommando und militärische Disziplin. Nach anfänglicher Ablehnung hatte die Führung der CNT-FAI im November 1937 die Militarisierung gegen die Zusage von Waffenlieferungen weitgehend akzeptiert, aber erst im Sommer 1937 war sie vollständig abgeschlossen. „Wir müssen uns noch darüber klar werden was wir wollen“, schrieb Kurt Lehmann an Fimmen über diese Debatte. Von der ITF-Gruppe wie dem überwiegenden Teil der deutschen Freiwilligen der Internationalen Gruppe wurde die „Militarisierung von oben“ erst einmal akzeptiert. Allerdings forderten sie in einer gemeinsamen Resolution die Abschaffung der Grußpflicht, gleiche Löhne für Offiziere und Soldaten, die Presse- und Diskussionsfreiheit und die Schaffung von Soldatenräten. Anfang Januar wurde die Internationale Gruppe umbenannt in Internationale Kompanie der 26. Division (Durruti).
Anfang Januar 1937 kehrten Werner Lehmann wegen einer Krankheit und Häringer wegen einer Verwundung zurück nach Antwerpen. Gleichzeitig traten andere Freiwillige der „ITF-Gruppe Aragonfront“ bei. Waldemar Jeschke, der schon vor dem Krieg im spanischen Exil gelebt hatte und die aus schwedischem Exil kommenden Heinrich Rau und Walter Wittfoht. Zu ihrem militärischen Leíter wählten sie Christian Lamotte, ein Mitglied der KPD, der Erfahrungen als Unteroffizier im Ersten Weltkrieg hatte. Zur ITF-Gruppe kamen noch hinzu: Hans Krause, ein ehemaliger ISH-Funktionär, Franz Wiese, der von einem britischen Schiff in Barcelona entlaufen war und Dietrich Görtemaker.

Die deutschsprachigen Freiwilligen der Internationalen Kompanie wurden von der „Gruppe Deutsche Anarchosyndikalisten im Ausland“(DAS) betreut und politisch kontrolliert. Mit der DAS verband die ITF-Gruppe eine Reihe von Gemeinsamkeiten: die syndikalistische (nicht anarchosyndikalistische) Weltanschauung, den Internationalismus und die Gegnerschaft zum stalinistischen Kommunismus. Die ITF-Gruppe und die DAS beobachteten kritisch den zunehmenden Einfluß der Komintern in Spanien, der bedingt war durch die sowjetischen Waffenlieferungen und die Aufstellung der Internationalen Brigaden. Als Gegengewicht zu den Internationalen Brigaden wollten sie die Zahl der ausländischen Freiwilligen in den anarchistischen Einheiten verstärken.
Zu diesem Zweck kehrte Kurt Lehmann in Absprache mit der DAS Ende Januar 1937 nach Antwerpen zurück. Über dieses Vorhaben sind genauere Details nicht bekannt. Aus den Quellen läßt sich entnehmen, daß Lehmann in Belgien und den Niederlanden Freiwillige rekrutieren sollte, die zusammen mit der ITF-Gruppe in die im Aufbau befindliche katalanische Kriegsmarine eintreten sollten. Jedoch kam dieses Vorhaben nicht zustande. Zum einen, weil dem katalanischem Marineministerium, mit dem Verhandlungen stattgefunden hatten, über keine Schiffe verfügte und das republikanischen Marineministerium in Valencia auf Anfragen der ITF-Seeleute nicht geantwortet hatte. Zum anderen, weil aus nicht bekannten Gründen die dafür vorgesehenen Freiwilligen entweder nicht nach Spanien kamen oder dort nicht zur ITF-Gruppe stießen. Thieme, der im Februar 1937 nach Spanien kam, landete bei den Internationalen Brigaden, weil er in Paris bei seiner Kontaktadresse niemanden angetroffen hatte. Und nicht zuletzt scheiterten die Pläne daran, daß die CNT-FAI kein großes Interesse an ausländischen Freiwilligen hatte und sich deshalb in dieser Frage nicht engagierte.
Am 13. April 1937 wurde die Internationale Kompanie bei den Kämpfen um die strategisch wichtige Ermita de Santa Quiteria bei Tardienta eingesetzt. Dort erlitt sie, wie schon die kommunistische Centuria Thälmann im Oktober 1936, ein militärisches Desaster. Die Internationale Kompanie zählte 16 Tote, 23 Verwundete und vier Vermißte. Krause und Vesper wurden bei diesen Kämpfen schwer verletzt. In Barcelona wurden die Reste der Internationalen Kompanie im Bataillon IAA zusammengefaßt. Am 22. Juli 1937 wurde das Bataillon aufgelöst, weil sich deren Angehörige geweigert hatten, mit völlig unzureichender Bewaffnung anzugreifen. Die ausländischen Freiwilligen waren zwischen alle politischen Fronten geraten. Vom Kommando des Volksheeres wurden sie nicht anerkannt, da die spanische Regierung einen Erlaß herausgegeben hatte, alle ausländischen Freiwilligen in die Internationalen Brigaden zu überführen. Und Ricardo Sanz, der Chef der 26. Division, wollte keine Ausländer mehr in seiner Division haben.
Bahlke, Haag und Rau waren noch vor Auflösung des Internationalen Bataillons im Juni 1937 zur Kriegsschule nach Valencia beordert waren, wo sie zu Offizieren ausgebildet werden sollten. Kurze Zeit später kamen sie zur Schule des spanischen Nachrichtendienstes, die von sowjetischen Offizieren geleitet wurde. Sie sollten für den Nachrichtendienst im Ausland arbeiten. Aber Bahlke und Haag wurden kurz vor der Beendigung des Kurses von den sowjetischen Offizieren nach ihren Beziehungen zu Knüfken befragt. Nach deren Information arbeitete Knüfken für einen kapitalistischen Nachrichtendienst, und das sollte vor einem Einsatz der ITF-Seeleute näher untersucht werden. Da den beiden freigestellt wurde, nach Antwerpen zurückzukehren, nahmen sie diese Gelegenheit wahr und kehrten nicht mehr nach Spanien zurück.
Krause wurde Opfer der stalinistischen Repression in Spanien. Nach den sogenannten Maiereignissen, den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Anarchisten und Kommunisten in Barcelona Anfang Mai 1937, wurden vor allem ausländische Anhänger der CNT/FAI und vor allem der POUM verhaftet. Wegen des Verdachts der „Spionage“ wurde Krause zusammen mit Ernst Fallen, einem Genossen aus der Internationalen Kompanie, Juli 1937 in einem Militärhospital verhaftet. Sie wurden in das kommunistische Geheimgefängnis an der Puerta del Angel gebracht und nach einem Hungerstreik wegen der „menschenunwürdigen Bedingungen“ in ein Polizeihospital überwiesen. Auf Intervention Fimmens bei Kriegsminister Prieto wurden Fallen und Krause schließlich entlassen. Sie waren nicht die einzigen Gefangenen für die Fimmen bei Prieto intervenierte. Er setzte sich ebenfalls für die Freilassung des niederländischen Arbeiterschriftstellers Jef Last sowie von SAP-Mitgliedern ein. Thieme war wegen angeblicher „trotzkistischer Betätigung“ aus der Batterie Thälmann im Juni 1937 nach Albacete beordert worden. Er wurde isoliert und durfte keine Post mehr empfangen. Durch die Intervention Fimmens entging Thieme vermutlich einem härteren Schicksal.
Einen mindestens ebenso wichtigen Solidaritätsbeitrag für die Spanische Republik leisteten die Vertrauensleute der ITF-Gruppe in der Aufklärung über die militärische Unterstützung Francos durch Deutschland. Am 26. September 1936 richtete das Reichsluftfahrtministerium den „Sonderstab W“, der die deutsche Intervention in Spanien koordinierte, ein. Zum Truppen- und Waffentransport benötigte man eine große Zahl von Handelsschiffen. Aus Gründen der Geheimhaltung charterte die Vertrauensreederei der Kriegsmarine, die Hamburger Firma Mathias Rohde & Co Frachtkontor, diese Schiffe, die sogenannten „Sonderdampfer“, und wickelte auch formell die Transporte ab. In zwei Großeinsätzen brachten die Sonderdampfer von Stettin aus vom 25. September und 6. November („Unternehmen Rügenübung) schweres Kriegsgerät und geschlossene Fliegerverbände mit allem Zubehör nach Spanien. Nachdem Deutschland im April 1937 dem „Londoner Nichteinmischungsausschuß“ beigetreten war und sich damit formell einer internationalen Seekontrolle unterworfen hatte, wurde der größte Teil der Transporte von fünf Sonderdampfern der „Hansegesellschaft Aschpurvis & Veltjens“ in Hamburg unter Panamaflagge durchgeführt.
Die ITF-Gruppe hatte in der „Schiffahrt“ und in einem Flugblatt die deutschen Seeleute, Binnenschiffer und Hafenarbeiter aufgefordert, den Inhalt aller Schiffsladungen genau zu beobachten und die Arbeiterorganisationen im Ausland über die Lieferung von Kriegsmaterial und Truppentransporte zu informieren. In welchem Ausmaß die Seeleute dieser Aufforderung nachkamen, zeigt der Vergleich der ITF-Quellen mit der Liste der Transportschiffe in dem Aufsatz von Jung; die ITF-Gruppe kannte fast alle Sonderdampfer, die Waffen- und Truppentransporte durchführten. So berichtete die „Schiffahrt“ im Dezember 1936, daß nach „absolut zuverlässigen Meldungen von deutschen Häfen und Schiffen“ 26 deutsche Dampfer in der letzten Zeit „mit Kriegsgerät aller Art und Truppen (…) von Stettin, Lübeck, Emden, Hamburg und Königsberg nach Cadiz und Sevilla abgegangen“ waren. Als Beispiel führten sie u.a. den Dampfer „Königsstein“ (Bernstein Reederei) an, der im November 1936 schweres Kriegsgerät und ca. 200 Reichswehrangehörige von Stettin, „angeblich für eine Luftabwehrübung nach der Insel Rügen, in Wirklichkeit aber nach Spanien und zwar nach Sevilla“ brachte. Und schon im April 1937 hatte die ITF-Gruppe detaillierte Informationen über zwei der unter Panamaflagge laufenden Sonderdampfer.
Die Stimmung unter den Besatzungen der „mit besonderer Ladung nach dem Mittelmeer“ fahrenden deutschen Schiffe, stellte das DAF-Amt Information im Mai 1937 besorgt fest, sei „sehr schlecht“, da „keine Gefahrenzulage bezahlt“ werde und „England 50% Heuerzulage“ gewähre. Vor Antritt der Reise sei den Seeleuten „meistens gar nicht bekannt, welchen Gefahren sie „während der Reise ausgesetzt“ seien. Die Unzufriedenheit führe dann dazu, so das Amt Information mit Bezug auf ein Flugblatt der ITF-Gruppe, daß „andere Kreise über die Schiffsbewegungen laufend informiert“ würden. Diese Bemerkungen deuten daraufhin, daß in der ersten Phase des Krieges die Besatzungen oft nicht wußten, daß die Reise nach Spanien ging. Folgt man den Erzählungen des Hamburger Seemanns P. Me., dann wurde ein Teil der Besatzungen der gecharterten Sonderdampfer regelrecht zwangsgemustert. Bei ihrer Rückkehr von einer Reise erhielt die Besatzung seines Schiffes, eines Hapag-Dampfers, ein Landgangsverbot im Hamburger Hafen. Von Hafenarbeitern erfuhr die Besatzung, daß das Schiff nach Spanien fahren sollte. Unmittelbar nach der Ausreise vereidigte man die Besatzung, d.h. daß sie hinsichtlich der Reise der Schweigepflicht unterlagen. In Hafen von Sevilla wurde ein Seemann verhaftet, weil er Photos gemacht hatte. Viele Seeleute musterten nach der ersten Reise nach Spanien sofort ab, was, wie Jung schreibt, „zu erheblichem Besatzungswechsel in Hamburg führte“ und die Geheimhaltung „sehr schwierig“ machte. Dies war ein Grund, warum der „Einsatz gecharterter Sonderdampfer nicht auf Dauer durchführbar“ war.
Die ITF gab ihre Informationen an die Presse und an die Regierungen der demokratischen Länder weiter und hatte damit einen nicht unerheblichen Anteil an der Aufklärung der Weltöffentlichkeit über die Waffenhilfe Deutschlands. Jedoch hatte diese Informationspolitik nur sehr begrenzte Wirkungen bei ihren Adressaten. Denn was nutzte es, wenn die ITF-Gruppe „ziemlich positiv wußte“, daß die Antwerpen anlaufenden Schiffe der Bremer Neptun-Reederei „Teilladungen mit Munition oder anderem Kriegsmaterial an Bord“ hatten, aber die belgischen Behörden auf diese Informationen nicht reagierte. Angesichts der offenkundigen deutschen Waffen- und Truppentransporte nach Spanien war die vor allem von der britischen Regierung verfolgte Politik der Nichteinmischung schnell zu einer „tragischen Farce“ geworden.
Der Widerstand der deutschen Hafenarbeiter und Seeleute beschränkte sich aber nicht nur auf die Sammlung und Weitergabe von Informationen. Bei der Verladung von Kriegsmaterials im Stettiner Hafen, berichtete das Gestapa im September 1936, versuchten die „Arbeiter durch bewußte Arbeitszeitverzögerung, die notwendige pünktliche Abfahrt des Transportdampfers zu verhindern“, und es sei auch versucht worden, „die Munitionskisten zu zertrümmern und durch Ausnutzen der geringen zur Verfügung stehenden Ladezeit Lohnerhöhung zu fordern“. Nach der Darstellung Mammachs führten auch Hamburger Hafenarbeiter Sabotageakte beim Verladen von Kriegsmaterial aus. Laut Großkopf, der sich dabei nur auf kommunistische Darstellungen bezieht, soll es mehrere Streiks deutscher Seeleute gegeben haben, die sich weigerten, Waffentransporte nach Spanien durchzuführen. Diese Behauptung gehört mit großer Wahrscheinlichkeit ins Reich der Legende, da sich dafür weder in den Quellen der ITF noch der Gestapo, die sicher beide ein besonderes Augenmerk auf solche Aktionen gelegt hätten, irgendwelche Hinweise finden lassen.
Von der ITF-Gruppe wären solche Streiks auch strikt abgelehnt worden, weil sie unweigerlich die Verhaftung der betreffenden Seeleute zur Folge gehabt hätten. Jedoch ist den Erinnerungen Fritz Eberhards, des Inlandsleiters des ISK, zu entnehmen, daß die ITF-Gruppe plante, ein deutsches Schiff mit Kriegsmaterial auf die republikanische Seite zu bringen. „Die Nazis schickten dauernd, und zwar von Danzig, Schiffe mit Waffenladungen an Franco. Eine überwiegende Zahl revolutionärer Seeleute sollte auf einem dieser Schiffe sein, und ein politischer Leiter von uns in Seemannskluft ebenfalls. (…) Unsere Seeleute sollten dann auf hoher See vor der spanischen Küste meutern, den Kapitän und die Nazi-Seeleute einsperren, wie das bei solchen Meutereien geschieht, und die Waffen woanders abliefern, nämlich auf der republikanischen Seite. Tatsächlich haben wir diesen Plan in die Wirklichkeit umzusetzen versucht. Leider ist er fehlgeschlagen.“
Eine wichtige Aufgabe übernahmen die Vertrauensleute der ITF, die von Antwerpen auf deutschen Schiffen nach Franco-Spanien fuhren. Im Durchschnitt waren es sieben bis zehn Schiffe im Monat. Auf fast allen Schiffen – circa 80 Prozent- hatte die ITF-Gruppe Vertrauensleute. Im Februar 1938 schrieb Knüfken von sieben Leuten, die „auf regelmäßiger Fahrt in Rebellenhäfen“ waren. Meistens handelte es sich um Schiffe der Bremer Neptun-Reederei. Einige dieser Vertrauensleute waren in militärtechnischen und -strategischen Fragen geschult und hatten in den Hafenstädten Informanten gewonnen, sowohl unter Spaniern als auch unter deutschen Soldaten und Angehörigen der Kriegsmarine. Die Vertrauensleute bezahlten z. T. ihre spanischen Informanten. So erhielt z. B. einer der fähigsten Vertrauensleute, Otto Wagner im Februar 1938 von Knüfken 10 Dollar für den „Einkauf von seidenen Strümpfen, weil diese „in Rebellenhäfen besser waren als Valuta“.
Die Berichte der Vertrauensleute enthielten Informationen über die militärische Sicherung der spanischen Hafenstädte und die dort liegenden Kriegs- und Handelsschiffe; über spanische Schiffe, die unter deutscher Flagge Waffen- und Truppentransporte durchführten; über den Standort eines Flughafens und eines Munitionslagers in der Nähe von Sevilla; über die Stärke der deutschen Truppen und über deren sowie die Stimmung der spanischen Bevölkerung; über deutsche U-Boote und Arsenalschiffe in spanischen Gewässern. Von dem Signalmann des deutschen Kreuzers „Köln“ hatte ein ITF-Vertrauensmann erfahren, daß zwei Funker eines spanischen Zerstörers in Pasages verhaftet und erschossen worden waren, weil sie in Funkkontakt zu den Republikanern gestanden hatten. Die ITF konnte der republikanischen Regierung mitteilen, daß der Funkkontakt mit falschen Nachrichten aufrecht erhalten wurde. Aufgrund von Informationen der ITF konnten nach Darstellung Kurt Lehmanns 1938 350 asturische Bergleute hinter den feindlichen Linien durch einen Handstreich aus der Gefangenschaft befreit werden.

Im November 1937 hatte sich auch der republikanische Nachrichtendienst mit der Antwerpener ITF-Gruppe in Verbindung gesetzt. Wie schon erwähnt war dieser Nachrichtendienst im Jahre 1937 unter sowjetischer Federführung aufgebaut worden. Dessen verantwortlicher Leiter im Ausland war der Österreicher Leopold Kulczar bei der spanischen Botschaft in Prag. Kulczar und ein großer Teil seiner Mitarbeiter gehörten der Gruppe Neu Beginnen an. Im Oktober 1937 trennte sich Kulczar, der sich kommunistischen Positionen angenähert hatte, von Neu Beginnen. Dennoch setzten die Mitglieder von Neu Beginnen und Sopade-Grenzsekretäre Helmut Bögler und Waldemar von Knoeringen ihre Arbeit für den spanischen Nachrichtendienst fort. Hierbei spielten die finanziellen Entschädigungen für diese Arbeit ebenso eine Rolle wie die Möglichkeit, den Apparat der spanischen Botschaft für die Übersendung der Post nach Paris zu benutzen. Knüfken schrieb von einem österreichischen Genossen aus Paris, der sie gedrängt habe, „etwas zu tun für den bewußten Apparat“. Sie wären besonders interessiert gewesen an Informationen über deutsche Waffenlieferungen nach Franco-Spanien. Anfang Januar kam dann der schon erwähnte Heinrich Rau als Kontaktmann des spanischen Nachrichtendienstes nach Antwerpen. Aber vorerst kam es zu keiner Zusammenarbeit, weil Fimmen nach einem Gespräch mit Rau die Vermutung hatte, daß dieser, um sich „wichtig zu machen“ aus eigener Initiative gehandelt habe und nicht vom spanischen Verteidigungsministerium autorisiert sei. Solange der von Rau angekündigte Brief von Verteidigungsminister Prieto nicht angekommen sei, sollte er keine weiteren Nachrichten von der Antwerpener ITF-Gruppe erhalten.
Die Angelegenheit zog sich dann über eine längere Zeit hin, weil der Generalstab Prieto nicht über Raus Auftrag informiert hatte und deshalb an Fimmen geschrieben hatte, an Rau sollten keine Informationen weitergeleitet werden. Um die Verwirrung komplett zu machen, wurde Rau, als es schließlich doch zu einer Zusammenarbeit gekommen war, von einem Spanienkämpfer beschuldigt, ein berüchtigter GPU-Agent zu sein, der „hunderte von Morden in Rotspanien auf dem Gewissen“ habe. Es handelte sich dabei um eine Verwechslung mit dem kommunistischen Funktionär und Polit-Kommissar der XI. Internationalen Brigade Heinrich Rau. Die ITF-Gruppe brach deshalb die Beziehungen zu Rau im Sommer 1938 ab. Aber damit war der „Fall Rau“ für die ITF-Gruppe aber noch nicht abgeschlossen. Denn auf Veranlassung Knüfkens schloß die Gruppe Benninghaus aus, weil er weiter Beziehungen zu Rau unterhielt. Obwohl Benninghaus dies bestritt, arbeitete er seit Anfang mit den ebenfalls aus der ITF-Gruppe ausgeschlossenen Eckardt und Schmitt für den spanischen Nachrichtendienst in Paris. Dieser Gruppe gehörten auch noch Fallen und Krause an, die Rau aus Spanien kannte. Es ist aber auch möglich, daß die Verbindung zum spanischen Nachrichtendienst über Schmitt zustande kam. Denn dieser war befreundet mit Ruth Oesterreich, Mitglied von Neu Beginnen, die als Sekretärin bei der spanischen Botschaft in Prag arbeitete und später in Paris in die Arbeit des Nachrichtendienstes miteinbezogen war. Oesterreich brachte ihren alten Bekannten Karl Gröhl, alias Karl Retzlaw, zum spanischen Nachrichtendienst. Gröhl war verantwortlich für den Antwerpener Hafen und arbeitete seit Anfang 1939 mit Schmitt zusammen.

Wir danken dem Historiker Dieter Nelles für die Übersendung des Auszuges aus seiner Arbeit über die ITF:  Wir weisen darauf hin, das die Urheberrechte für die Arbeit von Dieter Nelles beim Autor liegen.

Redaktion KFSR