Bundesdeutschen Rentenskandal beenden – keine Renten für Nazi-Kollaborateure – sofortige angemessene Entschädigungen für Nazi-Opfer
Die Mitglieder des deutschen Vereins „Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936–1939 e. V.“ (KFSR 1936–1939 e. V.) protestieren aufs Schärfste gegen die unerhörte Praxis der deutschen Regierung, spanischen Nazikollaborateuren und ihren Hinterbliebenen noch 70 Jahre nach Ende des II. Weltkrieges Rentenzahlungen zu gewähren.
Dass die Bundesregierung, wie aus ihrer Antwort auf die auf Fragen der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke vom 3. November 2015 hervorgeht, nicht die Absicht hat, die Praxis der Versorgungszahlungen an ehemalige Mitglieder der „Blauen Division“ abzuschaffen, ist ein Skandal. Der KFSR 1936–1939 e. V. fordert die Bundesregierung auf, den 1962 von der Adenauer-Regierung mit Franco geschlossenen Vertrag, der bis heute gültig ist und noch von keiner Nachfolgerregierung in Frage gestellt wurde, zu kündigen. Das politische Signal des Festhaltens an diesem Vertrag ist völlig falsch und fatal. Im kommenden Jahr, 2016, wird die demokratische Weltöffentlichkeit an den vor 80 Jahren stattgefundenen Putsch der reaktionären Generäle erinnern, der knapp drei Jahre später mit der Vernichtung der 2. Spanischen Republik endete. Aus Dankbarkeit für die Unterstützung durch die faschistischen Staaten Deutschland und Italien schickte General Franco nach dem Überfall auf die UdSSR die „Blaue Division“, von deren Angehörigen nach dem Abzug von der Front eine größere Anzahl in die Waffen-SS eintraten und an deren Verbrechen beteiligt waren.
Auf die Frage, welche Kriegsverbrechen nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Mitglieder der „Blauen Division“ begangen wurden, antwortet diese mit dem Satz: „Der Bundesregierung liegen keine Informationen über Kriegsverbrechen von Angehörigen der „Blauen Division“ vor.“ Der spanische Diktator Francisco Franco hatte die Einheit der Freiwilligen unmittelbar nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941 aufgestellt und zur Unterstützung der Nazi-Wehrmacht an die Ostfront geschickt. Beteiligt waren die Spanier unter anderem an der 900 Tage dauernden Blockade Leningrads, die nach Schätzungen mehr als einer Million Einwohnern der Stadt das Leben kostete. Stuft die Bundesregierung diese Blockade nicht mehr als ein Kriegsverbrechen ein? Sie müsste es besser wissen. Am 27. Januar 2014 liess der 95-jährige Daniil Granin in seiner Rede vor dem deutschen Bundestag anlässlich des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus und zugleich des Endes der fast 900 Tage andauernden Belagerung Leningrads durch die deutsche faschistische Wehrmacht die anwesenden Mitglieder der Bundesregierung und des deutschen Bundestages sowie anderer Verfassungsorgane an seinen tragischen und zugleich grausamen Erinnerungen an die Blockade, an die von deutschen und auch spanischen Faschisten verübten Kriegsverbrechen, teilhaben.
Es ist höchste Zeit, alle Rentenzahlungen an die faschistischen Kollaborateure, ob in Spanien oder in Belgien*, einzustellen und die dazu notwendigen völkerrechtlichen zwischenstaatlichen Voraussetzungen zu schaffen. Stattdessen müssen die Opfer des Naziterrors endlich angemessen entschädigt werden. Beendet werden muss auch die Praxis deutscher Finanz-, Steuer- und Sozialämter, die Versorgungsleistungen an die Zwangsarbeiter auch noch zu besteuern, sowie die vom russischen Staat an die Opfer der Leningrader Blockade ausgezahlten Opferrenten auf die Sozialhilfe in der BRD anzurechnen und damit zu kassieren. Wir erinnern bei dieser Gelegenheit an die im Gegenteil jahrzehntelange beschämende und unwürdige Behandlung der Spanienkämpfer in der Bundesrepublik Deutschland, vor allem bei der Gewährung gerechter Renten.
Im Oktober 2016 jährt sich aber auch zum 80. Mal die Gründung der Internationalen Brigaden, in denen Freiwillige aus über fünfzig Ländern der bedrängten Spanischen Republik zu Hilfe eilten. Viva la República! No pasarán! – so schallte der Ruf. Die Ziele dieser Freiwilligen von damals sind noch immer auch die unseren: Freiheit, Frieden, Menschenrechte und Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit, Antifaschismus und internationale Solidarität. Die Mitglieder des KFSR 1936–1939 e. V. verstehen sich als Teil der globalen internationalistischen und antifaschistischen Bewegungen – und ehren so die Kämpfer von damals, tragen ihre Ziele in die Öffentlichkeit und kämpfen gegen jede Unterstützung von Faschismus, Neofaschismus und Rassismus. Nur so und nur gemeinsam werden wir in der Lage sein, die gesellschaftlichen Verhältnisse für alle menschenwürdiger zu gestalten.
Kontakt: Kerstin Hommel
info@spanienkaempfer.de
Belgien*: junge Welt, Donnerstag, 5. April 2012
Links:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/062/1806259.pdf
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/065/1806541.pdf