Am letzten Maiwochenende 2010 fand in Paris ein Treffen der Interbrigaden-Organisationen (ACER, KFSR, AABI, Tierra De Fraternidad, ALBA, IBMT …) aus 15 Ländern statt. Auch bei diesem per se internationalen Thema zeigt sich einmal mehr, wie schwierig sich eine gemeinsame linke Basis schaffen läßt. Trotz der gemeinsamen Ideale von Internationalismus und Antifaschismus gilt es immer noch, Grenzen zu überwinden oder besser Brücken zu bauen, zwischen Regionen, zwischen Völkern, Sprachen, Generationen und Geschlechtern sowie zwischen den verschiedenen Welten wie der akademischen Welt und den diversen sozio-kulturellen Strukturen. Aber wenn nicht einmal wir, die doch in der Tradition der Internationalen Brigaden handeln, uns einigen können, wie können wir dann auch andere von der Wichtigkeit antifaschistischer Werte überzeugen? Als Historikerin bin ich mit den teils blutigen Positionskämpfen allein innerhalb der Geschichte der linken Bewegungen vertraut. Umso überzeugter bin ich davon, diese zukünftig überwinden zu müssen. Das Erbe und die Erinnerung an die Internationalen Brigaden zu verteidigen bedeutet, daß wir nach wie vor ein gesellschaftliches Interesse daran haben, Faschismus und Krieg zu verhindern. Konservative Geschichtsklitterung und rechte Geschichtsfälschung, nicht nur in Bezug auf die Internationalen Brigaden, bereiten erst die Saat für die tiefe Verwurzelung rassistischer, chauvinistischer und faschistischer Geisteshaltungen in der Bevölkerung. Dieser konkreten Gefahr gilt es konsequent entgegenzutreten.
Die ersten Schritte dazu sehe ich in den Vorschlägen der Internationalen Koordinierung der Interbrigaden-Organisationen ausgeführt. So bestand grundsätzlich Einigkeit darüber, eine Zusammenarbeit der Verbände zu intensivieren und die Netzwerke der IB-Organisationen auszubauen. Realisiert werden soll dies auch durch die angestrebten jährlichen Treffen und eine rotierende Repräsentation durch die nationalen Vereine innerhalb der Internationalen Koordinierung. Die Repräsentation der Internationalen Koordinierung übernimmt für dieses Jahr die französische ACER, für 2011, dem 75. Jubiläum der Gründung der Internationalen Brigaden, zeichnet die Tierra De Fraternidad für die Zusammenarbeit von Universitäten und Organisationen für eine Hommage in Spanien verantwortlich. Eine Kollaboration mit anderen antifaschistischen Initiativen ist angestrebt. Der Kontakt zu spanischen Initiativen zur Aufklärung franquistischer Verbrechen, denen auch Internationale zum Opfer fielen, ist bereits hergestellt. Insgesamt sollen Projekte des internationalen Jugendaustausches, der Recherche und der politischen Bildung angestoßen und koordiniert werden. Ein Internetforum soll dabei eine einfache und schnelle Kommunikation der Entitäten ermöglichen. In der lebhaften Diskussion um eine Jahresagenda (Zusammentragen der nationalen und internationalen Veranstaltungen), Geschichtskongresse, Projekte zur Dokumentation von Archivbeständen zu IB und Katalogisierung von Informationen zu Brigadisten, zeichneten sich durchaus auch die Sprachproblematiken internationaler Zusammenarbeit ab, mit denen vor mehr als 70 Jahren auch die Internationalen Brigaden konfrontiert waren.
Auch wenn die verschiedenen Organisationen der Freunde und Kämpfer der Spanischen Republik sich intensiv mit der Geschichte auseinandersetzen, so steht doch das antifaschistische Engagement in der Aktualität im Zentrum der Vereinsarbeit. Dabei ist es hilfreich, sorgsam den Stimmen aus der Vergangenheit zu lauschen. Die Geschichte Europas hat viele Grausamkeiten zu erzählen. Aber in all diesen Kapiteln können wir immer auch Hoffnung finden. Die Hoffnung, daß eine andere Welt möglich ist. Es hat immer Menschen gegeben, die für diese Hoffnung gelebt und gekämpft haben und so oft dafür gestorben sind. Die Geschichte der Internationalen Brigaden ist ein außergewöhnliches Beispiel der Solidarität und des Einsatzes für eine bessere Welt. Ihr Leben im Widerstand und ihr Geist der Gemeinschaft sollte uns immer präsent sein, um uns nicht zu verfeinden, sei es aufgrund von traditionellen, persönlichen, institutionellen oder Generationsstreitigkeiten. Meines Erachtens besteht die beste Ehrung der Internationalen Brigaden und aller antifaschistischen Kämpfer darin, sich für antifaschistische Werte aktiv einzusetzen und den Mut zu haben, Träumen, Utopien und linken Ideen in unseren Öffentlichkeiten, Vereinen, Arbeitsverhältnissen und allen zwischenmenschlichen Beziehungen zu folgen!
„Den Toten zur Ehr – den Lebenden zur Pflicht!“
Claudia Honefeld